Wie ein Ministerpräsident eine Journalistin zur Weisungsempfängerin degradiert

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten haben, wie Journalisten als solche, die Aufgabe, zur Meinungsbildung einen Beitrag zu leisten. Dazu gehört, pluralistische Berichterstattung, verschiedene Perspektiven auf politisch relevante Ereignisse zu ermöglichen und Journalisten in dieser Arbeit zu unterstützen (das versuchen z.B. die Nachdenkseiten). Erst dann sind die Bürger in der Lage, ein Urteil über Sachverhalte und Intressenlagen zu fällen. Möglich ist ein solcher Journalismus dadurch, dass die Gebührenzahler gerade keine Weisungsbefugnis in Anspruch nehmen, dass sie gerade nicht Journalisten vorschreiben, worüber sie zu berichten haben. Wie sieht das der Ministerpräsident Baden Württembergs? Sehen Sie selbst hier.

Wie schwierig offenbar eine unvoreingenommene Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Anstalten geworden ist, zeigt auch ein Interview mit Ulrich Tilgner aus dem Jahr 2008, vormals Auslandskorrespondent der ARD. Lesen Sie hier.

Warum berichten wir darüber?

Weil beide Fälle bezeugen, wie schlecht es um unser Verständnis von öffentlicher Meinungsbildung bestellt ist. Dabei ist sie ein hohes Gut, denn ohne sie kann eine Demokratie nicht bestehen. Wenn wir also vor die Wahl gestellt sind, einen Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen, stehen wir auch vor der Frage, ob wir mehr Beteiligung an der Entscheidungsfindung in öffentlichen Angelegenheiten wünschen, ob wir eine Berichterstattung von den öffentlich-rechtlichen Anstalten verlangen, die pluralistisch ist. Beide Fälle hier sind exemplarisch, doch in der meist undifferenzierten Berichterstattung über das bedingungslose Grundeinkommen treffen wir auf dasselbe Problem einer verkürzenden wenig differenzierenden Berichterstattung.

Krönung in Worms am 27. Juli

„Zusammen mit dem OMNIBUS für Direkte Demokratie und der BGE-Initiative Frankfurt-Worms, den Frauen vom Aufstand und BGE-AktivistInnen aus Kirchheimbolanden wurde heute [am 27. Juli] in der Wormser Kaiserpassage für Grundeinkommen – Freiheit statt Vollbeschäftigung – und mehr Demokratie geworben und dabei unentwegt gekrönt. Das Interesse der Menschen an unserer Aktion war groß und erfuhr sehr guten Zuspruch.“

Textauszug und Fotos aus einer Mail von Elisabeth Dörre und Ute Plass zur Krönungsaktion.

"Grundeinkommen ist machbar" – Videomitschnitt der Vorträge von Ute Fischer und Sascha Liebermann

„Grundeinkommen ist machbar“ lautete der Titel einer Veranstaltung in Hannover am 29. Januar, an der auch Ute Fischer und Sascha Liebermann mitwirkten. Hier geht es zum Videomitschnitt der Vorträge: Ute Fischer Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Sascha Liebermann Teil 1, Teil 2, Teil 3.

"Willi Weise" und Konsorten – eine Herausforderung für mündige Bürger

In den letzten Monaten ergingen manche Aufrufe dazu, Parteien oder ähnliche Gruppierungen wie „Willi Weise„, „D4U„, „D-Bü“ u.a. zu unterstützen, die sich ein bedingungsloses Grundeinkommen auf die Fahne schreiben bzw. geschrieben haben. Offenbar fanden die Aufrufe Gehör, einige bGE-Befürworter sind ihnen gefolgt. Kritik an den Gruppierungen hat nicht lange auf sich warten lassen (siehe z.B. Archiv Grundeinkommen, Netzwerk Grundeinkommen). Auf manche Merkwürdigkeit wurde hingewiesen, programmatische Themensetzungen wurden kritisiert, durchaus auch am Ziel vorbei.

Eines lehrt uns diese Diskussion auf jeden Fall: dass es darauf ankommt, genau hinzusehen, was sich hinter denjenigen verbirgt – auch den etablierten Parteien -, die mit dem bGE für sich werben. Die Diskussion um die Trittbrettfahrer hat gezeigt, wie einfach zu erkennen ist, wo Schindluder getrieben wird, man muss nur hinsehen. Insofern stellen diese Entwicklungen also lediglich eine Herausforderung unserer Mündigkeit dar, nicht vorschnell und unbedacht vermeintlich progressiven Vorschlägen hinterherzulaufen.

Manche Kritik an den oben genannten Gruppierungen gibt allerdings zu denken, weist sie auf Unklarheiten in der Grundeinkommensdiskussion hin. Jörg Marx z.B. schreibt in seinem Blog über die „D-Bü“, die er als rechtsradikal bezeichnet: „Auch das neu ins Parteiprogramm aufgenommene Bekenntnis zu den Menschenrechten klingt ganz toll, bleibt aber eine hohle Phrase, wenn es wenig später heißt: ‚Asyl kann bei politischer Verfolgung gewährt werden.‘ Kann, muss aber eben nicht – ein merkwürdiges Verständnis der Menschrechte.“

Bei aller berechtigten Kritik an der Trittbrettfahrerei dieser Gruppierungen hinsichtlich des bGEs wird hier eine auch für die bGE-Diskussion wichtige Frage in die rechte Ecke gestellt. In Marx‘ Stellungnahme scheint die Frage auf, welche Bedeutung die Souveränität politischer Gemeinschaft hat, welche Stellung die Staatsbürger haben und welche Status-Bedingung erfüllt sein muss, um ein bGE zu erhalten. Asyl zu gewähren im Sinne eines Obdachs und einer Zuflucht setzt stets jemanden voraus, der einem anderen diese Zuflucht gewährt. Es handelt sich also um eine freiwillige Entscheidung, dem Flüchtigen Schutz zu geben. Die Gewährung von Asyl setzt also eine souveräne Gemeinschaft voraus, die über das Ersuchen befindet. Sie hat das letzte Wort, nur sie kann darüber entscheiden, ob Asyl gewährt wird. Insofern ist die Kann-Bestimmung, die Jörg Marx für ein Skandalon hält, unerlässlich, denn eine Muss-Bestimmung käme einer Selbstentmündigung bzw. -verleugnung gleich.

Der Artikel 16 Grundgesetz, auf den wir gerne voller Stolz verweisen, weil er zeigt, dass aus den Erfahrungen des Dritten Reiches Lehren gezogen wurden, ist gerade deswegen auch problematisch. Er bringt ein Selbstmisstrauen zum Ausdruck, denn letztlich besagt er, dass wir uns selbst nicht über den Weg trauen. Gäbe es das Grundrecht nicht, so seine Stellung, stünden wir stets in Verführung, Asyl gar nicht zu gewähren. Genau darauf zielt Jörg Marx. Was aus historischen Gründen nachvollziehbar erscheint, stellt der Sache nach eine Fortsetzung des Obrigkeitsstaates dar. Genau darin besteht die Gemeinsamkeit zur Grundeinkommensdiskussion, sowohl hinsichtlich der bGE-Kritiker als auch mancher Befürworter.

Wird in der bGE-Diskussion auf das bGE als Menschenrecht gepocht, um so seine Gewährung zu garantieren, wird die Souveränität politischer Gemeinschaft ausgehebelt. Ein bGE sei nur bedingunglos, wenn es gar keine Bezugsbedingung gäbe, deswegen dürfe es auch nicht an Staatsbürgerschaft gebunden werden, so z.B. Ronald Blaschke in einer Diskussion. Fragt man nach, ob denn auch Touristen ein bGE erhalten sollen, wird eingeräumt, dass es schon einer Status-Bedingung für die Gewährung bedürfe, z.B. einer Mindestaufenthaltszeit im Land. Das ist nun aber auch eine Bedingung, jedoch eine, die auf jegliche Loyalität der Staatsbürger verzichtet und zwischen ihnen und Nicht-Staatsbürgern keinen Unterschied macht.

Auf diese Unterscheidung und damit auf die Bedingung der Staatsbürgerschaft für die Gewährung eines bGEs zu verzichten (von der ja andere Status abgeleitet werden können, z.B. ein bGE Personen mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis zu gewähren), würde unsere politische Ordnung und das solidarische Gefüge erodieren lassen (siehe hierzu „Vielfältige Möglichkeiten, eigenartige Hindernisse“, insbesondere Fußnote 5 und 6). Die Staatsbürgerschaft hingegen als Status-Bedingung zu nehmen, entspräche ganz der Verfasstheit demokratischer nationalstaatlicher Ordnung, in der die Staatsbürger das Fundament sind. Soverän ist ein Staat nur, wenn seine Bürger souverän sind.

Sascha Liebermann

Ergänzung (14.8.2009): Ein weiterer interessanter Artikel über Willi Weise samt Kommentaren findet sich beim Forum Grundeinkommen. Offenbar werden die AGB von Willi Weise im Verborgenen gehalten, um Interessenten nicht vorzeitig abzuschrecken. Die Seite besteht noch, ist aber im sichtbaren Menü nicht mehr zu finden. Allerdings gibt eine Lektüre der Website auch ohne diese Feinheiten ausreichend Aufschluss über das Demokratieverständnis.

Ideenwettbewerb zur Woche des Grundeinkommens – Onlineabstimmung

Bis 30. Juni können noch Vorschläge für den Ideenwettbewerb zur Woche des Grundeinkommens eingereicht werden.

Vom 1. bis 15. Juli kann dann über die besten Entwürfe abgestimmt werden. Den 5 Vorschlägen, die die meisten Stimmen erhalten, werden jeweils 2.000 Euro als Ermöglichungsprämie überreicht.

Weitere Informationen hier.

"Was sozial ist, schafft Arbeit" – und wo bleibt die Freiheit?

Heiner Flassbeck greift unter dem Titel „Was sozial ist, schafft Arbeit“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.6.2009) einen Slogan der CDU – „Sozial ist, was Arbeit schafft“ – auf und wendet ihn. Das hat in demselben Dossier der FAZ, „Zukunft des Kapitalismus“, auch Martin Walser getan. Viele Argumente, die im Beitrag gegen einzelwirtschaftliches Denken vorgebracht werden, sind plausibel und treffend. Gespenstisch jedoch ist, dass die Frage nach dem Zweck des zu erwirtschaftenden Wohlstands nicht gestellt wird – oder besser gesagt: der Zweck – Arbeit bzw. Arbeitsplätze zu schaffen – wird als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt.

Folgerichtig kann auch die Frage danach nicht in den Blick geraten, ob der Wohlstand dazu dienen könnte, die Selbstbestimmungsmöglichkeiten von uns Bürgern zu erweitern, Selbstbestimmungsmöglichkeiten, die in ihrem engeren Sinne auch schon Grundlage des Wohlstands sind, den wir erreicht haben. Dazu müsste aber unsere Freiheit als Bürger und nicht als Erwerbstätige gestärkt werden, statt an alten Vorstellungen festzuhalten, dass erste Bürgerpflicht sei, Erwerbsarbeit zu leisten.

Nichts wäre naheliegender, nimmt man unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung beim Wort, das Attribut „sozial“ so zu verstehen, dass es nur heißen kann: „Freiheit“ durch mehr Freiraum. Und diese Freiheit kann nichts anderes bedeuten als: Selbstbestimmung. Das ist kein Widerspruch zur unerlässlichen Solidarität in unserem Gemeinwesen, ohne die es nicht bestehen könnte. Doch solidarisch kann nur sein, wer sich zur Solidarität entscheiden kann, um sie aus freien Stücken zu tragen. Alles andere wäre Zwangssolidarität – und damit ein Widerspruch in sich. Solidarität kann aus Freiheit, nicht aber aus Zwang und Bevormundung erwachsen.

So erweist sich einer, der seine Kritik an der sogenannten neoliberalen Politik mit viel Tam Tam vorbringt und anderen vorhält, das Ganze nicht zu sehen, in mindestens einer Hinsicht als ebenso engstirnig: der Erwerbsfixierung. Heiner Flassbeck hat sich in den vergangenen Jahren wiederholt ablehnend zum Grundeinkommen geäußert, doch diese Ausführungen lassen nur erkennen, wie wenig er sich mit der Idee auseinandergesetzt hat. Da ist er bei den „Neoliberalen“ in guter Gesellschaft.

Sascha Liebermann

Bedingungsloses Grundeinkommen – blitzt bei "Anne Will" auf

Wäre Sascha Lobo nicht in die Sendung „Anne Will“ (Video ab Minute 40, bGE in Minute 46.26) eingeladen gewesen, wäre es die übliche langweilende Sonntagsdiskussionsrunde gewesen. Auch hätte das bGE sicher keine Erwähnung gefunden. So aber sorgte sein Besuch für eine gewisse Überraschung. Kaum hatte er das bGE in die Diskussion geworfen, nachdem er zuvor die Untauglichkeit des bestehenden Sozialversichungssystems herausgestellt hatte, lockte er damit eine bezeichnende Stellungnahme bei Jens Spahn hervor. Da die Menschen kurzfristig denken, so sinngemäß seine Äußerung, bedarf es allgemeiner Verpflichtungsregelungen, um langfristige Sicherheiten zu erreichen. Dass ein so junger Bundestagsabgeordneter schon derart anti-freiheitlich und bevormundend denkt, kann einen nur wundern. Bernd Raffelhüschen hingegen zeigte sich reaktionsschnell und tat das bGE zuerst mit einem Verweis auf Experimente zum leistungslosen Grundeinkommen ab, um dann das bestehende auf Gegenleistung beruhende Sozialsystem zu verteidigen. Als Wissenschaftler ist die erste Aufgabe, für deren Erfüllung man auch alimentiert wird, zu argumentieren, ohne Werturteile abzugeben. Schnell geht beides durcheinander und die Wissenschaft dient nicht mehr der Analyse, sondern der Untermauerung politischer Ziele.

Sascha Liebermann

Wir machen Demokratie – Grundeinkommen im Bundestag

Susanne Wiest kandidiert für den Wahlkreis 16 (Greifswald, Demmin, Ostvorpommern) als parteilose Direktkandidatin für den Bundestag.

Noch sammelt sie die nötigen 200 Unterstützerunterschriften, um als Direktkandidatin antreten zu können. Das zeitigt schon Erfolge: Beim Einkaufen, in der Nachbarschaft, auf dem Wochenmarkt. Viele Gespräche ergeben sich über Grundeinkommen, bürgerliches Selbstbewusstsein, unser gesellschaftliches Miteinander, Demokratie. Die Idee hält Einzug in den Alltag.

Was sich tut, was sich alles ereignet, kann auf ihrer Website verfolgt werden.

Ideenwettbewerb zur Woche des Grundeinkommens – Einsendeschluss: 30. Juni

Was würden Sie tun, wenn Sie für ein Projekt zur Woche des Grundeinkommens 2.000 Euro zur Verfügung hätten?

Bis 30. Juni können noch Vorschläge für den Ideenwettbewerb zur Woche des Grundeinkommens einreicht werden.