Resilienz – ein schimmernder Begriff, seine optimierungsbezogene Umdeutung und die Verbindung zum Grundeinkommen

Remo Largo, der in seiner Zeit am Zürcher Kinderspital eine der wenigen Longitudinalstudien zur kindlichen Entwicklung verantwortete, kommt im NZZ Podcast auf Resilienz zu sprechen und erläutert, wie er sie versteht, was sie auszeichnet und geht auf Anfänge der Forschung dazu ein. Aufschlussreich ist, welchen Stellenwert Largo – nicht überraschend vor dem Hintergrund seiner über die Jahre zahlreichen Stellungnahmen – den Beziehungen zwischen Menschen, der Anerkennung des Gegenübers um seiner selbst willen, in diesem Zusammenhang beimisst. Bildungsprozesse im umfassenden Sinne, die in der Familie beginnen, haben hierfür eine große Bedeutung, ebenso für die Nicht-Herausbildung von Resilienz. Largo kommt in seinem letzten Buch „Das passende Leben“ im Schlusskapitel auf das Bedingungslose Grundeinkommen zu sprechen, allerdings nur bezogen auf Folgen der Digitalisierung, ohne die Brücke zwischen einem BGE und seinen eigenen Ausführungen zum Stellenwert von Beziehungen zu schlagen. Was Largo im Podcast für die konkrete Begegnung mit einem Gegenüber angeht, gilt strukturell auch für ein BGE, denn es bringt zum Ausdruck, dass ein Gemeinwesen, vor allem anderen, jeden, der ihm angehört, so anerkennt, wie er ist, ohne seine Existenzsicherung von anderen Leistungen abhängig zu machen.

Siehe auch unseren früheren Beiträge zu Remo Largo hier, zu Bildung hier.

Sascha Liebermann

„Durch den Rost gefallen“ – das Warten auf die „Corona-Soforthilfe“

Dass es mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen ganz anders aussähe, dazu siehe hier.

Sascha Liebermann

„Die neue Jobangst: Fast jedes fünfte Unternehmen will Stellen abbauen“ – Folge oder günstige Konstellation?

Diese Frage stellt sich anlässlich eines Beitrags von Donata Riedel und Frank Specht im Handelsblatt. Darin zeigen sich die Folgen der gegenwärtigen Lage, es zeigen sich aber ebenso Unklarheiten, welcher Anteil der erwogenen bzw. geplanten Entlassungen damit etwas zu tun hat. Vielleicht ist es nur einfacher gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten, wenn Schritte jetzt ergriffen werden, die schon länger in der Schublade lagen – von außen betrachtet, ist das nicht zu entscheiden und Auskünfte der entsprechenden Unternehmen sind immer zugleich Werbenachrichten.

Interessant ist in dem Beitrag auch, wie die für den Binnenmarkt stabilisierende Bedeutung von Einkommensleistungen wie dem Kurzarbeitergeld herausgehoben wird (zitiert wird Clemens Fuest, ifo-Institut). Für ein BGE gilt aber genau dasselbe und wird seit Jahren als ein Grund dafür vorgebracht. Davon hätten im Unterschied zum Kurzarbeitergeld und anderen Maßnahmen alle etwas, sofort, ohne Antrag – es hat geradezu präventiven Charakter.

Sascha Liebermann

„Frauen übernehmen einen Großteil der Kinderbetreuung in der Coronakrise“ – angesichts der Verehrung von Erwerbstätigkeit nicht überraschend

Die in Der Spiegel referierte Studie der Hans-Böckler-Stiftung gelangt zu Einsichten, die nicht überraschen können, es sei denn man hätte die Entwicklung der letzten vierzig Jahre übersehen. „Emanzipation“ stand darin nicht im politischen Sinne, nicht bezüglich der Frage der Autonomie (nicht zu verwechseln mit Autarkie) als solcher im Zentrum, es war immer „Emanzipation“ zur Erwerbsteilnahme angestrebt oder polemisch ausgedrückt: Das Alleinernährermodell wurde allverbindlich. Auf der Strecke blieb dabei, wofür einmal Anerkennung gefordert wurde, die „unsichtbare Arbeit“ heute auch „unbezahlte Arbeit“ genannt. Der Aufwertung von Erwerbstätigkeit als für alle verbindlicher Maßstab, führte zugleich zu einer weiteren Abwertung von Haushaltstätigkeiten, damit zu einer Abwertung von Familienleben und -beziehungen.

Nun war es aber schon zu Zeiten geringerer Frauenerwerbstätigkeit ein Missstand, dass Väter so wenig präsent waren. Man muss sich nur einmal vor Augen führen, wieviel Zeit vom Tag übrigbleibt bei Vollerwerbstätigkeit. Nehmen wir den heutigen Acht-Stunden-Tag, zuzüglich Mittagspause und Pendelzeiten, sind wir schnell bei etwa zehn Stunden durchschnittlicher Abwesenheit. Allzuviel Präsenz in der Familie ist damit für Vollerwerbstätige nicht möglich, ganz gleich ob für Mütter oder Väter. Was hat sich verändert? Der Missstand gilt nun für beide, mit einem Unterschied.

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„Sie ist einfach so gut darin, sich um alles zu kümmern“ – ein irreführender Titel…

…eines Beitrag auf Zeit Online. „Sieben Väter reden über ihren Corona-Alltag“ und irreführend ist der Titel, weil er die Spannungen unterschlägt, das Hin- und Hergerissensein zwischen Familie und Beruf, die in den „Protokollen“, wie der Beitrag untertitelt ist, zum Ausdruck kommt. Deutlich wird, dass die Väter sehr wohl wahrnehmen, wie hin- und hergerissen sie sind, zwischen Familie und Beruf, die sie durch ihre Heimtätigkeit anders wahrnehmen, mehr mitbekommen als zuvor, aber nicht wirklich Schlüsse dahingehend ziehen, dass sich etwas langfristig etwas ändern müsste. Auch ihre Frauen sind erwerbstätig und dennoch übernehmen sie mehr der Aufgaben, die sich nun im Alltag aufdrängen. Auch sie aber stellen nicht in Frage, welche Dominanz dem Erwerbsleben heute zukommt. Das ist eine drastische Folge der übermäßigen Bedeutung, die Erwerbstätigkeit erhalten hat.

Siehe frühere Beiträge zu dieser Frage von uns hier.

Sascha Liebermann