„Ein Grundeinkommen kann die Gesellschaft wieder vereinen“…

…ein Beitrag von Thomas Straubhaar in der Süddeutschen Zeitung.

An einer Stelle schreibt er treffend:

„Wie hoch das Grundeinkommen sein soll, wie viel Steuern der Besserverdienende mehr zahlen soll als der Geringverdienende, damit unterschiedlichen Gerechtigkeitsvorstellungen entsprochen wird, bleiben Streitpunkte, die auch künftig durch die Politik zu beantworten sind.“

Entgegen der weitverbreiteten Forderung, detaillierte Vorschläge vorzulegen, die die Richtung, für die das BGE steht, im Klein-Klein des Details zu verlieren, bleibt Straubhaar grundlegend. Das halte ich für angemessen, weil die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung beim Souverän liegt. Sie hängt davon ab, was mit den zu ergreifenden Schritten in der Ausgestaltung ermöglicht werden soll. Entsprechend breit sind die Vorstellungen, worin diese Schritte bestehen könnten. Entgegen der Hoffnung, durch konkrete Vorschläge der Einführung näher zu kommen, ließe sich genauso gut dafür argumentieren, dass eine zu frühe Verlegung auf die Ausgestaltung die politische Willensbildung behindern kann. Solange der Schritt zum BGE grundsätzlich nicht befürwortet wird, sind andere Diskussionen zu führen als die über eine Ausgestaltung en détail. Wie sie dann letztlich auszusehen hat, darüber hat der Souverän zu befinden, nicht Experten.

Dann heißt es missverständlich:

„Das Grundeinkommen ist lediglich das Instrument zur Umsetzung politischer Entscheidungen. Es ist im Kern nichts anderes als eine fundamentale Steuerreform. Es bündelt alle sozialpolitischen Maßnahmen in einem einzigen Instrument.“

Straubhaar sagt zwar nicht ausdrücklich, dass Leistungen oberhalb des BGE ausgeschlossen sind, er erwähnt aber auch nicht, dass sie fortbestehen sollen. Das macht jedoch einen großen Unterschied, weil im ersten Fall Härtefälle entstehen würden, das BGE also diejenigen, die Bedarfe oberhalb des BGE haben aufgrund einer Erkrankung oder Ähnlichem, alleine lassen würde. Im weiten Fall hingegen wären sie geschützt.

Wenn es gegen Ende des Beitrages heißt, das BGE sei radikal, da es die „Grundlage zu einem neuen Gesellschaftsvertrag“ biete, kann man das so sehen. Ich hingegen würde herausheben, dass der Schritt weniger radikal ist, als er scheint. Wir würden damit vielmehr ein Sicherungssystem schaffen, das unserer demokratischen Grundordnung gemäß ist, statt einen Sozialstaat fortzuschreiben, in dessen normatives Zentrum Erwerbstätigkeit ist, nicht demokratische Souveränität. Wir leben nicht, wie es so oft heißt, in einer Arbeitsgesellschaft, sondern in einem Widerspruch zwischen einem Sozialstaat, der die Arbeitsgesellschaft im Zentrum hat, und einer Demokratie, in deren Zentrum die Bürgergemeinschaft steht.

Thomas Straubhaar hat sich in den letzten Jahren sehr deutlich zum BGE geäußert, allerdings durchaus auch missverständlich oder hat etwa in gleichem Atemzug die Agenda 2010 gelobt, ohne etwas über das Sanktionsregime im Arbeitslosengeld II zu sagen. Frühere Kommentare von mir zu seinen Ausführungen finden Sie hier.

Sascha Liebermann

Clemens Fuest zum Grundeinkommen…

…das in Die Zeit abgedruckte Interview, in dem es auch um das Grundeinkommen ging, steht auf der Website des Ifo-Instituts online. Sascha Liebermann hatte Äußerungen daraus, die der Spiegel zitierte, kommentiert, siehe „Clemens Fuest über den ‚wirklichen Menschen'“.

Update 12.7.2020: Da das Interiew auf der Website des ifo-Instituts nicht mehr zugänglich ist, hier der Link zur entsprechenden Seite bei Die Zeit.

„Geld für alle“ – zu den kommunalen Experimenten in den Niederlanden

Darüber und dass ab 2017 mit den Feldexperimenten begonnen werden soll, wird auf der Website FuturePerfect berichtet:

Ein Experiment mit dem bedingungslosen Grundeinkommen startet im Januar 2017 in den Niederlanden – als vorläufiger Höhepunkt der jahrzehntelangen Bemühungen eines charismatischen Sozialwissenschaftlers.

Diesen Märztag wird Joop Roebroek nicht mehr vergessen. Draußen zeigte sich vorsichtig die Frühlingssonne, drinnen erlebte der niederländische Politik- und Sozialwissenschaftler einen der schönsten Momente seiner Laufbahn: „Es war ein Meilenstein!““

Bericht über die erste BGE:open und den Stand des Bündnis Grundeinkommen…

…findet sich auf der Website des Bündnis Grundeinkommen:

Liebe Unterstützer und Freunde des Bündnis Grundeinkommen,
die erste BGE:open ist ein voller Erfolg gewesen. Wir haben bisher sehr viel erreicht und auch unserem Ziel, bei der Bundestagswahl anzutreten, kommen wir von Woche zu Woche immer näher: Landesverbände gründen sich und Kandidaten für Wahlvorschläge werden gefunden. Wir liegen auf Kurs und bei uns besteht kein Zweifel, dass wir die Zulassung zur Bundestagswahl 2017 schaffen werden…“

„6,95 Millionen Menschen leben von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen“…

…meldet O-Ton-Arbeitsmarkt:

„2,61 Millionen Arbeitslose gab es im September 2016. Doch mit rund 6,95 Millionen lebten mehr als zweieinhalbmal so viele Menschen in Deutschland von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen, darunter rund zwei Millionen Kinder und Jugendliche. Denn nur ein Teil derer, die staatliche Unterstützung benötigen, gilt auch als arbeitslos im Sinne der Statistik.“

„Chancen und Risiken des digitalen Wandels“ – eine Diskussion auch über das Grundeinkommen

Im Deutschlandfunk diskutierten am 30. November:

  • Annelie Buntenbach, DGB
  • Bernhard Rohleder, Bitkom
  • Thomas Straubhaar, Universität Hamburg
  • Gert Wagner, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

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