Ausgewogene Darstellung, aber doch verengter Blick und Verkürzungen…

…enthält der Beitrag im Handelsblatt über „Die Vor- und Nachteile eines bedingungslosen Grundeinkommen“.

Zu Beginn werden sogleich als erster Grund für ein BGE etwaige Folgen der Digitalisierung (siehe auch hier) angeführt. In der Tat ist das eine häufig anzutreffende Begründung, die allerdings fragwürdig ist.

Ein BGE ist nicht nur für Staatsbürger gedacht, wenngleich deren Stellung hierfür von besonderer Bedeutung ist. Personen, die zwar nicht Staatsbürger sind, ihren Lebensmittelpunkt jedoch in Deutschland haben und zu definierende Aufenthaltskriterien erfüllen, sind ebenso als Bezieher vorgesehen. Zu definieren wäre auch, wie es mit Staatsbürgern ist, die ihren Lebensmittelpunkt nicht in Deutschland haben. Für all dies gibt es häufig schon Regelungen, die aufgegriffen und entsprechend modifiziert werden könnten.

Dann werden Modelle angeführt, die am häufigsten genannten drei sind:

1) Das „Solidarische Bürgergeld“ – Dieter Althaus hat es später selbst als partielles bedingungsloses Grundeinkommen bezeichnet, weil es niedrige Regelbeträge vorsieht. Auch operiert es wie eine Negative Einkommensteuer (NES). Siehe unsere früheren Beiträge hierzu.

2) Das „emanzipatorische Grundeinkommen“ – hiervon gibt es eine NES-Variante und eine als Sozialdividende.

Ausgewogene Darstellung, aber doch verengter Blick und Verkürzungen… weiterlesen

Ralf Dahrendorf weitsichtig, aber auch widersprüchlich zum garantierten Grundeinkommen…

…so z. B. wenn er davon sprach, dass Erwerbstätigkeit für die „Strukturierung des Zeithaushaltes“ wichtig sei, obgleich er in einem Grundeinkommen selbst erhebliche Möglichkeiten sah. Diese Widersprüchlichkeit scheint der Grund dafür zu sein, sowohl die Möglichkeiten eines garantierten Grundeinkommens sehen zu können, als auch zugleich Vorbehalte dagegen zu haben. Dabei lieferte gerade Dahrendorf eine Begründung für ein GG aus dem Geist der Demokratie und der Stellung ihrer Bürger darin.

Sascha Liebermann

Nachlesen statt mutmaßen, Kritik statt leerlaufende Skepsis – auch ein Unternehmer kann auf das Ganze blicken…

…, es ist doch eher Ausdruck eines Problems, wenn Skepsis und Vorbehalte geäußert werden, weil ein Unternehmer etwas gesagt hat. Man könnte aus demselben Grund skeptisch sein, wenn ein Politikwissenschaftler alles durch seine Werturteile hindurch betrachtet. Butterwegges Einwände sind in vielerlei Hinsicht paternalistisch, er traut den Bürgern wenig zu. Dass ein BGE, wie jeder Vorschlag, verdreht, verfälscht und verfremdet werden kann, hat mit dem Vorschlag selbst nichts zu tun. Das gilt für jede Idee. Deswegen kommt es auf die Ausgestaltung an. Ein Unternehmer, der nicht die Einkommensverteilung im Blick hat, wenn er langfristig denken will, wird sich den Boden unter den Füßen wegziehen, denn kein Absatz ohne Einkommen. Werner hat stets über diesen Zusammenhang hinausgedacht, wenn er über ein BGE sprach.

Sascha Liebermann

Ehrenamt und „Schmarotzer“ – ja, aber nicht so einfach, auch widersprüchlich

…denn denjenigen, die das Ehrenamt loben, fällt dann meist nicht auf, dass die Ehrenamtlichen das ja ganz ohne irgend eine relevante Einkommensaussicht machen. Sie müssen sich das Engagement aber leisten können. Jens Spahn ist gar nicht aufgefallen vor wenigen Jahren, dass er pro BGE argumentiert, zugleich aber der Auffassung ist, dass jeder von uns ein bißchen Druck brauche. Wie dann sogar Jens Spahn und Sahra Wagenknecht an einem Strang zu ziehen scheinen, wenn es um die Zumutbarkeit von Erwerbstätigkeit geht, siehe hier. Diese Widersprüche können einem BGE aber gerade auch die Tür öffnen.

Sascha Liebermann

Krudes Verständnis von „Selbstverantwortung“ – jede gemeinschaftliche Leistung wäre dann ein Abgeben von Selbstverantwortung

Leider enthält der Beitrag, aus dem dieses Zitat stammt etliche Verkürzungen und Verdrehungen. Joe Kaeser hat nie für ein Bedingungsloses Grundeinkommen plädiert; Götz W. Werner hat in den Anfangszeiten seines BGE-Engagements zwar einmal davon gesprochen, dass es alle Sozialleistungen ersetzen würde, später aber nicht mehr; Richard David Prechts Paternalismus ist dem Verfasser des Beitrags nicht aufgefallen; ein BGE ist als Pro-Person-Leistung gedacht, nicht nur für Erwachsene, wie es an manchen Stellen im Beitrag erscheint; die Frage nach den Anreizen wird gestellt; zuguterletzt geht es noch um Feldexperimente.

Sascha Liebermann

„Arbeitslose leiden oft unter Angstgefühlen“ – und was ist der Grund dafür?…

…damit befasst sich Karsten Paul im Interview im Zeit Magazin. Darin werden zwar keine überraschenden Einsichten geboten, welche psychische Folgen Erwerbslosigkeit haben kann, sie werden aber in aller Deutlichkeit angesprochen. Interessant sind dann solche Bemerkungen:

„Paul: Es gibt Untersuchungen, in denen Arbeitslosigkeit mit Jobs verglichen wurde, mit denen die Angestellten unzufrieden waren. Da fanden sich dann keine Unterschiede hinsichtlich der psychischen Gesundheit zwischen Arbeitslosen und Erwerbstätigen, ganz im Gegensatz zu den Jobs, mit denen ihre Inhaber zufrieden waren. Nicht jede Art von Erwerbsarbeit fühlt sich also besser an, als keine Arbeit zu haben.“

Auch hier gilt zwar, dass es keine neue Einsicht darstellt, doch sollte sie zu denken geben angesichts der noch immer verbreiteten Vorstellung, es sei „(fast) jeder Arbeitsplatz […] besser als keiner“ (im verlinkten Beitrag S. 44).

„Paul: Es gibt Forscher, die sagen, Menschen, die vorher einen anerkannten und besser bezahlten Beruf hatten, geht es nach einem Stellenverlust schlechter als anderen, weil die Fallhöhe größer ist. Also der Unterschied vom vorherigen Beruf zur Arbeitslosigkeit. Aber nach unseren Daten ist das nicht so. Demnach scheint es Personen, die vorher schlechter bezahlte und eher wenig angesehene Berufe hatten, in der Arbeitslosigkeit schlechter zu gehen.

„Arbeitslose leiden oft unter Angstgefühlen“ – und was ist der Grund dafür?… weiterlesen