„Rente mit 68? … Rente mit 70? … Reicht alles nicht! Jedenfalls nicht bei diesem gesetzlichen Mindestlohn“…

…schreibt Johannes Steffen auf dem Portal Sozialpolitik. Wer also am Lohn- bzw. Einkommensgefüge keine entsprechenden Veränderungen vornehmen will, plant damit, dass Rentner aus diesen Gründen auf Grundsicherung im Alter bzw. Grundrente angewiesen sind. Für Erwerbstätige in der Gegenwart gilt dasselbe. Dann könnte man auch gleich einen anderen Weg einschlagen und sowohl basale Einkommenssicherheit verschaffen sowie Verhandlungsmacht erhöhen: durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen und manche Diskussionen wären von gestern.

Sascha Liebermann

„Ein feministischer Blick auf eine zukunftsfähige Versorgungsökonomie“ – und wie weiter?

In ihrem Beitrag auf Makronom weisen die Autorinnen Anja Peter und Christine Rudolf auf die Bedeutung der „Sorgewirtschaft“ – bezahlt wie unbezahlt – hin, deren Leistungen für ein Gemeinwesen häufig unterschätzt werden. Sie buchstabieren auch die Folgen aus, die dies für die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern hat. Dass Sorgearbeit nicht mit den üblichen Produktivitätskriterien zu messen und entsprechend nicht zu rationalisieren bzw. automatisieren ist, machen sie deutlich (siehe hierzu die Ausführungen Stefan Sells zum verengten Produktivitätsbegriff). Um aber sichtbar zu machen, welchen Umfang Sorgearbeit volkswirtschaftlich hat, halten die Autorinnen es für wichtig, diese zu „beziffern“, da wir in einer „geldgesteuerten Wirtschaft“ lebten. Das ist für die bezahlte Arbeit noch nachvollziehbar, sofern sie sich einigermaßen in Arbeitsstunden und Preisen erfassen lässt. Für die unbezahlte Arbeit ist das hingegen nicht so selbstverständlich, wie die Autorinnen schreiben. Denn zu ihrer Bezifferung muss erst ein Verechnungsmaßstab angelegt, also auch ein Preis bestimmt werden. Hierzu wird unbezahlte mit bezahlter Sorgearbeit verglichen, z. B. die Aufgabe von Eltern mit den Löhnen von Erziehern. Damit wird jedoch ein wichtiger Unterschied zwischen bezahlter und unbezahlter Sorgearbeit ausradiert, und zwar dass es sich um gänzlich verschiedene Beziehungsgefüge (siehe auch hier und hier) handelt.

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„Eine Jobgarantie muss stets freiwillig bleiben…

…das heißt, es darf keine Sanktionen oder Armut geben, wenn Menschen ein Angebot für eine Jobgarantie nicht annehmen. Andernfalls droht die Jobgarantie zu einer Form der sinnlosen Zwangsarbeit zu verkommen“ schreibt Katharina Bohnenberger im A&W-Blog. Das ist eine klare Ansage, die allerdings noch immer offen lässt, was mit denjenigen geschieht, die ein solches Angebot nicht aufgreifen. Welche Absicherung haben sie? An einer weiteren Stelle schreibt sie:

„Deswegen soll eine Jobgarantie standardmäßig in kurzer Vollzeit von 20 bis 30 Wochenstunden lokal am Wohnort und zu Zeiten stattfinden, die mit einer vollen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben vereinbar sind. Dies ermöglicht es, Erwerbsarbeit mit anderer wichtiger Arbeit, wie Care-Arbeit, Ehrenamt und Eigenarbeit, zu verbinden.“

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Milliardäre, Gießkannenprinzip, Subsidiarität und die egoistische Seite des Menschen…

…darum geht es in einem Beitrag von Domradio.de, der sich mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen befasst und es ist nicht der erste zu dieser Thematik (siehe unsere früheren Kommentare hier). Dort heißt es an einer Stelle:

„Auch Elmar Nass, Sozialethiker und Professor an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) verfolgt die Studie [das Pilotprojekt Grundeinkommen, SL] mit großem Interesse – und einiger Skepsis: ‚Wir haben auch jetzt schon ein System der Sozialtransfers, das die Ärmsten in unserer Gesellschaft schützt‘, sagt er und verweist auf die Grundsicherung. Vor allem das Gießkannenprinzip sieht er kritisch. Im Interview mit DOMRADIO.DE sagte er: ‚Auch der Milliardär bekommt dann ein Grundeinkommen. Ich halte es für besser, dass im Sinne der Subsidiarität nur diejenigen Sozialtransfers bekommen, die sie wirklich brauchen.'“

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„Free Lunch Society“ oder „Komm Komm Grundeinkommen“ – Film von Christian Tod auf ARTE wiederzusehen

„Erneuerung […] der Bürgerrechte für alle“ durch ein garantiertes Mindesteinkommen,…

…darüber schrieb Ralf Dahrendorf in der Zeit 1986 in einem Beitrag zum „garantierten Einkommen“. Der Beitrag ist Teil einer Serie zu dieser Thematik. Darin heißt es z. B.:

„Das Mindesteinkommen löst also auch nicht alle Fragen der Zeit. Aber es ist eine wichtige Antwort auf eine Grundfrage: Gehen wir in eine Zeit, in der die Mehrheitsklasse der Besitzenden immer brutaler ihren Status verteidigt – oder öffnen wir uns erneut für die Bürgerrechtsgesellschaft, die allen Freiheit verspricht?“

So wartet der Beitrag noch mit anderen Anmerkungen auf, die beinahe wie aus der Gegenwart klingen, auch wenn der folgende Anfang nicht mehr gilt:

„Die Verfechter eines garantierten Mindesteinkommens werden im offiziellen Deutschland beinahe totgeschwiegen. Wer will schon ernsthaft über die Zukunft unseres Gemeinwesens reden, nachdem doch die Von-Tag-zu-Tag-Politik sogar die Grünen in kurzer Zeit eingeholt hat? Und doch, um es zu wiederholen: Die Idee wird bleiben.“

Hier hat er Recht behalten, wenn es auch in den 1990er Jahren ziemlich still um das Grundeinkommen geworden war (siehe hier). Und später im Beitrag heißt es z. B.:

„Die andere Methode muß daher in einer Erneuerung des dynamischen Prozesses der Bürgerrechte für alle bestehen. Es ist ja schon eine nachdenklich stimmende Tatsache, daß der im Prinzip allen gemeinsame Grundstatus aller Bürger zum Privileg geworden ist – zum Privileg der großen Mehrheit gewiß, aber doch zu einem ausschließenden, nicht zu einem einschließenden Grundsatz.“

Für Dahrendorf ist das garantierte Grundeinkommen nicht vor allem eine Antwort auf Arbeitslosigkeit und Armut, was noch heute eine große Rolle in der Debatte spielt, aber auch hier ist es hilfreich. Es gibt nicht viele, die diesen Zusammenhang so deutlich herausheben. Bedenkt man, wie lange Dahrendorfs Ausführungen zurückliegen, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es offenbar nicht so einfach ist, eine Einkommensgarantie als Bürgerrecht zu erkennen.

Sascha Liebermann