Unternehmen sind was noch einmal? Ach ja, Erziehungsanstalten…

…oder besteht ihre Aufgabe nicht doch in der Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen mit leistungsbereiten Mitarbeitern? Das scheint tatsächlich nicht so klar zu sein, wie sonst könnte Merz auf die Idee kommen, dass Sanktionen dazu führen könnten, leistungsbereite Arbeitgeber und ebensolche Mitarbeiter zusammenzubringen.

Siehe auch frühere Kommentare dazu hier und hier.

Sascha Liebermann

Erwartbare und wiederholte Reaktionen sowie die Frage…

…, welche Art von Arbeitnehmer die Unternehmen denn eigentlich haben wollen?

Die jüngsten Stimmen zum Bürgergeld-Entwurf erwecken den Eindruck (z. B. hier im Spiegel-Beitrag), als gehe es nicht um Leistungsbereitschaft und -fähigkeit, sondern einzig und alleine darum, dass jemand einer Erwerbstätigkeit nicht ausweichen kann. Unternehmen, so scheint es, brauchen weniger leistungsbereite Mitarbeiter als von der Not getriebene. Sind das wirklich noch Unternehmen bzw. Unternehmensverbandsvertreter oder nicht vielmehr Erziehungsanstalten und ihre Vorsteher, die solche Einwände vorbringen? Wer davon überzeugt ist, dass Not und Druck die Voraussetzung dafür sind, Leistung zu erbringen, will Mitarbeiter haben, die er stetig beaufsichtigen muss. Wie förderlich wäre das für ein Unternehmen?

Sascha Liebermann

Arbeitsplätze vor Wertschöpfung, zugleich eine Verkürzung…

…die Stephan Kaufmann in seinem Beitrag in neues deutschland vornimmt, wenn er am Ende schreibt:

„Dass Unternehmen für den Gewinn produzieren, dass sie nur Menschen einstellen, damit diese einen Gewinn erwirtschaften – diese existierende Abhängigkeit der Beschäftigten von der Betriebskalkulation erfährt damit eine Umdeutung: Der Profit wird zu einem Instrument zur Schaffung von Arbeit und Einkommen. Aus der behaupteten Harmonie von Profit und Lohn wiederum wird der eigentliche Gegensatz konstruiert: Klimaschutz, Gesundheitsschutz – alles, was dem Profit schadet, sei eine Gefahr für Jobs. Und das könne niemand wollen.“

Dass aber „Jobs“ schon lange als Begründung für alles Mögliche herhalten, ist kein neues Phänomen, werden sie doch für den sozialen Zusammenhalt, Integration in die Gesellschaft oder wie es sonst noch genannt wird, für unerlässlich gehalten. Selbst Unternehmer vertreten dieses Verständnis, und zwar keineswegs strategisch. Im Grunde müssten sie dafür plädieren, Wertschöpfung in den Mittelpunkt zu stellen, andere Fragen hat das Gemeinwesen zu beantworten, denn Erwerbsarbeitsplätze sind eben kein Selbstzweck.

Kaufmann weist zu Beginn auf den Zweck von Unternehmen hin, verkürzt ihn aber, wie häufig anzutreffen, wenn es um Kapitalismuskritik geht. Sicher, Unternehmen produzieren für einen Gewinn, doch ist der nicht unmittelbar erreichbar, weil sie dazu Güter und Dienstleistungen anbieten müssen – die nichts anderes sind als standardisierte Problemlösungen. Erst mittels dieser können sie Gewinne erwirtschaften und um solche Güter anbieten zu können, müssen sie in Erfahrung bringen, was nachgefragt ist bzw. nachgefragt sein könnte, ohne dass ein Produkt schon gefragt ist. Unternehmerinteressen sind hier eben keineswegs identisch mit den Interessen von Kapitalgebern.

Sascha Liebermann

„Sozial ist, was Arbeit schafft?“ – Was ist der Zweck des Wirtschaftens?

Lindner vermischt – oder muss man sagen: verwechselt? – hier zwei Fragen, die eine nach der Wertschöpfung und die andere nach der Einkommenssicherung. Beides hängt nicht unmittelbar miteinander zusammen, Lindner verkehrt sogar ihr Verhältnis, denn es sollte doch dasjenige Vorrang haben, was zu Wertschöpfung führt. Die Frage der Einkommenssicherung lässt sich eben auch anders beantworten, mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen. Dann werden wir sehen, wie viel effizienter und effektiver wir produzieren können, als es bislang der Fall ist. Mit Lindners Verkehrung würden (Erwerbs-)Arbeitsplätze zum Hauptzweck des Wirtschaftens, Unternehmen würden an ihrem Beitrag dazu gemessen, verwandelten sich geradezu in Erziehungsanstalten zur Erhaltung der „Arbeitskraft“. Beschäftigung ist aber kein Selbstzweck.

Frühere Kommentare zu Beiträgen Christian Lindners finden Sie hier und hier.

Sascha Liebermann

Wer muss für die Absicherung sorgen?

Der Hinweis von Teresa Bücker macht ein Dilemma deutlich, das mit bislang genutzten Mitteln nicht gelöst werden kann. Nachvollziehbar ist auch, das Schwangere sich die Frage stellen, ob es „fair“ ist, sich um eine Stelle zu bewerben, wenn die Folgen der Arbeitgeber zu tragen hat, wie es der Gesetzgeber bislang vorsieht. Der Verzicht auf die Bewerbung lässt allerdings, sofern nicht Eigenmittel vorhanden sind, den Gang zum Sozialamt notwendig werden. Wie aus diesem Dilemma hinausgelangen? Möglich ist das erst, wenn es eine entsprechende Absicherung gibt, die Entscheidungsfreiräume schafft, ohne eine bestimmte Entscheidung nahezulegen. Das geht aber nur, wenn der erwerbszentrierte Sozialstaat aufgegeben bzw. umgestaltet wird – also mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen.

Sascha Liebermann

„Chomsky on having a job“ – ein drastischer Blick auf „Arbeitsgesellschaft“

Siehe auch seine Ausführungen zu Basic Income. Darin wird allerdings deutlich, dass er nicht ganz klar zwischen Milton Friedmans Ausführungen, die sich auf Familien bezogen und dem Individualanspruch auf ein BGE unterscheidet, um dann aber doch aus Friedmans Überlegungen ein BGE für eine interessante Möglichkeit zu halten.

„Wenn es nichts mehr zu tun gibt, kann auch niemand mehr konsumieren“…

…ein erstaunliches Missverständnis offenbart René Schneider, SPD-Landtagsabgeordneter, in einem Interview mit RP-Online. Schneider gehört der neuen Enquête-Kommission „Digitale Transformation der Arbeitswelt in Nordrhein-Westfalen“ an. An einer Stelle des Interviews geht es um das Bedingungslose Grundeinkommen, welche Rolle es angesichts der Digitalisierung spiele. Schneider antwortet:

„Schneider: Ich habe zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“ noch keine abschließende Meinung. Es werden in Zukunft viele Berufe wegfallen und die Politik muss darauf eine Antwort finden. Da könnte das Grundeinkommen eine Möglichkeit sein, damit die Leute nicht hinten runter fallen. Ich fürchte nur, dass diese Diskussion zu oft vom Schreibtisch aus geführt wird. Es wird Menschen geben, die dann keinen Job mehr haben, dafür aber ein Grundeinkommen und die fragen sich: Was mache ich denn jetzt den ganzen Tag? An der Stelle, wo das Grundeinkommen zu einer Entschuldigung wird, einen Teil der Bevölkerung zu Hause sitzen zu lassen, wird die Idee schräg.“

„Wenn es nichts mehr zu tun gibt, kann auch niemand mehr konsumieren“… weiterlesen

„Der Mensch schafft sich ab“ – eine Überschätzung der Digitalisierung

Die Diskussion um etwaige Folgen der Digitalisierung hält an, da niemand genau weiß, was auf uns zukommt, jedoch technologische Möglichkeiten Veränderungen in einem Ausmaß bergen könnten, das verunsichert. Alexander Hagelüken widmet in der Süddeutschen Zeitung dieser Thematik einen längeren Beitrag mit einem irreführenden Titel. Er schließt seine Betrachtungen mit folgendem Abschnitt:
 
„Es gibt eine bessere Idee als ein Grundeinkommen
Als Antwort auf diese absehbare Spaltung der Gesellschaft findet vermehrt ein Grundeinkommen Anhänger. Doch es ist nur eine zweitbeste Idee, da ein Grundeinkommen Almosen ist, das sich jederzeit widerrufen lässt. Wer den Wohlstand des Maschinenzeitalters wirklich gerechter verteilen will, sollte die Arbeitnehmer an den Gewinnen der Unternehmen beteiligen. Als Aktionäre mit breit gestreuten Anlagen, nach einem Konzept, das noch formuliert werden muss, vielleicht in Form staatlich kontrollierter Fonds, die Profis managen.

Kein Zweifel: Der digitale Kapitalismus könnte eine Schlagseite bekommen, die unsere Gesellschaften bis zur Unkenntlichkeit verändert. Arbeiteraktionäre wären eine erzkapitalistische Antwort mit sozialem Impetus, die ein solches Drama verhindern könnte. Sie bedeuten eine Verteilung der Macht, keine Almosen. Kein Wunder, dass die Silicon-Valley-Millionäre, die ihre Macht nicht schmälern wollen, lieber das Grundeinkommen favorisieren.“

Wie kommt der Autor darauf, dass ein Grundeinkommen „ein Almosen“ sei? Ist jede Form der Finanzierung öffentlicher Aufgaben dann ein „Almosen“? Almosen sind freiwillige Hilfeleistungen aus Mildtätigkeit, so das verbreitete Verständnis, in religiösen Zusammenhängen allerdings gelten sie durchaus als Pflicht – eine Pflicht ohne Rechtscharakter allerdings. Wenn darin das entscheidende Kriterium besteht, wäre ein Grundeinkommen gerade kein Almosen, da es Rechtscharakter erhalten soll. Und weshalb soll es problematisch sein, dass ein Grundeinkommen sich widerrufen lässt? Jede Leistung innerhalb eines Gefüges sozialer Sicherung lässt sich widerrufen in dem Sinne, dass sich Gesetze ändern lassen. Das gilt grundsätzlich ebenso für Eigentümsansprüche an Unternehmen in Gestalt von Aktien. Für diese Form soll dann, so seine Überlegung, der Staat die Kontrolle übernehmen. Warum dann nicht für ein Grundeinkommen?

Schlussfolgerungen, die keine sind, kann man da nur festhalten. Ein Grundeinkommen, ein bedingungsloses, wäre eben etwas, das durch ein Gemeinwesen garantiert werden muss, in der Tat als Rechtsanspruch.

Sascha Liebermann

Die Bedeutung öffentlicher Infrastruktur und Forschungsförderung für die Wirtschaft…

…griff ein Beitrag in der Süddeutschen Zeitung auf, der am Beispiel von Apple zeigt, wie sehr Produktinnovationen, die privatwirtschaftlich vermarktet werden, von öffentlicher Förderung leben. Vor Augen führt dieses Beispiel, wie unsinnig das Bemühen ist, beides voneinander zu isolieren, wie es oft geschieht. Für die Diskussion um ein Bedingungsloses Grundeinkommen und die Frage danach, mit welcher Berechtigung das Gemeinwesen von der erzielten Wertschöpfung einen Teil für sich vorsieht, ist das ein schöner Beleg. Siehe auch „Was der Staat kann“ von Mariana Mazzucato.