die Frage müsste sein, warum verdienen Sie so wenig? Sie sollten mehr Lohn bekommen. Sie haben nicht mehr, wenn andere weniger haben.
— Helena Steinhaus (@SteinhausHelena) August 29, 2023
Erwerbsbeteiligung Alleinerziehender nicht rückläufig und Reaktionen auf die „Anreiz“-Keule…
Erwerbsbeteiligungsrückgang von Alleinerziehenden im letzten Jahrzehnt? Anreize für Arbeit setzen?
Zahlen laut @Bundesagentur:
Erwerbstätigenquote unter Alleinerziehenden:
2011: 70,7%
2021: 74%
Erwerbslosenquote unter Alleinerziehenden:
2011: 12,2%
2021: 5,3%
via @MKreutzfeldt https://t.co/GkPvAjLfim pic.twitter.com/z1ZYHcOwVW— Andreas Hövermann (@AndreasHoev) August 29, 2023
…, gut, dass hier gegen anscheinend unhaltbare Behauptungen entsprechende Daten genutzt werden. Drastischer fällt die Stellungnahme aus, die sich gegen die Verunglimpfung Alleinerziehender wendet. Dabei geht es um diese Äußerung:
„Wir wollen einerseits die materielle Situation Alleinerziehender verbessern, aber andererseits nicht zusätzliche Anreize geben, sich nicht um Arbeit zu bemühen. Es ist ja eine beklagenswerte Tatsache, dass die Erwerbsbeteiligung von Alleinerziehenden im vergangenen Jahrzehnt trotz des Ausbaus der Kinderbetreuungsstruktur zurückgegangen ist. Also weniger Erwerbsbeteiligung bei Alleinerziehenden während des vergangenen Jahrzehnts. Da dürfen wir kein Signal setzen, dass das verfestigt.“
Der Finanzminister bleibt sich damit treu, wenn man das so sagen kann. Zu „Anreizen“ siehe hier.
Sascha Liebermann
Gegenwärtige Sozialpolitik auf den Punkt gebracht…
Es ist ein gemeinsames Anliegen, dafür zu sorgen, dass mehr Menschen in Arbeit kommen. Es kann nicht Ziel staatlicher Sozialpolitik sein, Menschen dauerhaft im Transfer zu halten, sondern sie mit Chancen auszustatten und sich in wirtschaftliche Unabhängigkeit herauszuarbeiten. TL
— Christian Lindner (@c_lindner) August 28, 2023
…und damit das entscheidende Problem zu erkennen gegeben: dass Unabhängigkeit als wirtschaftliche betrachtet wird, Erwerbsbeteiligung das erste Ziel sein muss und die Vorstellung obsiegt, Transfers würden zum Abhängen verleiten. Manchmal kann man den Eindruck gewinnen, solche Vorstellungen sind schlicht empirieresistent, wenn man sich solche Befunde ansieht:
Zur Kritik des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer und Hanna Petschauer)
Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-Reform (Georg Vobruba und Sonja Fehr)
Fordern statt Fördern? – Nein! Wege aus Arbeitslosigkeit und Armut erleichtern (Ronald Gebauer)
Arbeit gegen Armut. Grundlagen, historische Genese und empirische Überprüfung des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer)
Sascha Liebermann
„Der Lobbyismus der Privilegierten nervt“…
…darüber schreibt Uta Meier-Gräwe in einem Beitrag im Handelsblatt. So treffend ihre Anmerkungen zur Debatte sind, so sehr zuckt man doch zusammen angesichts einer solchen Formulierung:
„Ausgaben für die Kindergrundsicherung sind keine Konsumausgaben, sondern müssen als Zukunftsinvestitionen in Humankapital begriffen werden.“
Ja, was die Sache betrifft, um die es geht, denn das Leben ist um seiner selbst willen etwas wert und ohne dieses Leben gibt es keine Zukunft, ganz gleich in welcher Frage.
Doch die Begriffe „Humankapital“ und „Investition“ – auch wenn hier darauf hingewiesen werden soll, dass die „Kindergrundsicherung“ eben der Entwicklung des konkreten Lebens förderlich ist und insofern keine Konsumausgabe darstellt – weisen doch in eine verengte Richtung der Verwertung. Investitionen sind solche, auf die ein „return“ folgen soll, also zweckorientiert, ohne dass das Leben selbst der Zweck ist. „Humankapital“ wird häufig direkt in Verbindung mit dem „Leistungsvermögen“ in Erwerbstätigkeit verbunden und damit verengt. Die Kindergrundsicherung ist aber zuerst einmal eine Unterstützung des konkreten Lebens, ganz gleich wie es sich entwickeln wird und es muss nicht zurückgezahlt oder abgeschrieben werden, wenn das „mißlingt“.
Siehe unsere früheren Beiträge zu Ausführungen von Uta Meier-Gräwe hier, zur Kindergrundsicherung hier und zum Elterngeld hier.
Sascha Liebermann
„The Case for a Revision of the Definition of BI Today“…
…presentation by Annie Miller at the 22nd BIEN Congress in Seoul, Korea.
Wohlwollend: Ahnungslosigkeit, sonst Ignoranz bzw. Herabwürdigung…
https://t.co/sZD36a2R2s…@c_lindner:
„bei einer 5-köpfigen Familie, wo niemand arbeitet“Spricht für sich. #BGE #Grundeinkommen
— BGE Eisenach (@bge_esa) August 25, 2023
…, anders lässt sich diese Äußerung von Christian Lindner kaum verstehen. So bezeichnend sie ist, so wenig sollte daraus ein FDP-Bashing folgen, denn die anderen Parteien sehen das ebenso, sonst müssten sie für mehr Zeitsouveränität von Eltern plädieren. Doch bleibt das bestenfalls eine Phrase, denn wo Vollerwerbstätigkeit als Idealzustand beruflichen Engagements gesehen wird, ist für Familie, die mehr als ein Beiwerk ist, wenig Platz.
Siehe frühere Kommentare dazu hier und hier.
Sascha Liebermann
„Frohes Schaffen. Ein Film zur Senkung der Arbeitsmoral“…
….immer noch ein interessanter Film. Siehe auch diesen Hinweis hier.
„Ohne das Ehrenamt würde unser Gemeinwesen nicht existieren können“…
… Interview mit Sascha Liebermann zu diesem Thema im Rahmen einer Aktion von dm Drogeriemarkt. Wenn auch vom Titel her identisch mit einem früheren Interview für die Industrie- und Handelskammer Bonn handelt es sich doch um ein anderes.
„Das effektivste Mittel gegen Kinderarmut ist“,…
Das @iw_koeln zeigt auf: Das effektivste Mittel gegen Kinderarmut ist, dass Eltern gute Jobs haben. Menschen in dauerhafte und besser bezahlte Arbeit zu bringen, ist die Aufgabe – nicht pauschal mehr Geld vom Steuerzahler. Und natürlich beste Bildung für Kinder. CL pic.twitter.com/Tro6blb8pB
— Christian Lindner (@c_lindner) August 22, 2023
…wenn möglichst wenig Zeit für die Kinder bleibt, weil die Eltern sie vor Armut schützen sollen – so könnte man sarkastisch auf eine solche Meldung antworten.
Wer es ernst meint mit seiner Sorge um die Kinder, muss eine Lösung suchen, die dazu beiträgt, dass die Eltern mehr Zeit für sie haben können.
Siehe unsere früheren Kommentare hier, hier und hier.
Sascha Liebermann
„Das bedingungslose Grundeinkommen passt nicht in unsere Arbeitsgesellschaft“…
…schreibt Markus Promberger im IAB-Forum. Interessant ist schon der Auftakt des Beitrags, mit dem eine Definition versucht wird:
„Unter dem bedingungslosen Grundeinkommen versteht man zunächst ein von eigener Arbeit wie auch von eigener Bedürftigkeit entkoppeltes, allen zustehendes existenzsicherndes Grundeinkommen.“
Auf der einen Seite ist das unbestritten, allerdings ist nicht definiert, was unter „allen“ zu verstehen ist. Doch die Absetzung gegenüber anderen Einkommen fällt auf: „von eigener Arbeit […] entkoppelt[es]“. Nun, es ist schon klar, was gesagt werden soll, sichtbar wir zugleich aber ein Verständnis von Einkommen, das meint, es entstamme eigener Arbeit, wo doch allzu deutlich ist, dass sie nur ein kleiner Ausschnitt in einem arbeitsteiligen Erzeugungs- und Bereitstellungsprozess ist. Man kann es für eine Kleinigkeit, eine der Kürze geschuldeten Zuspitzung halten, es ist aber eine bestimmte Zuspitzung die ganz der üblichen Rede über Leistung aus „der eigenen Hände Arbeit“ entspricht.
Die historische Einführung in die Idee lasse ich unkommentiert, sie muss unbefriedigend ausfallen. Darauf folgt die Einschätzung dazu, wer denn die Befürworter sind:
„Zuspruch findet sie vor allem bei jungen Menschen und Studierenden, im künstlerischen Milieu und unter Angestellten karitativer Organisationen. Vereinzelt propagieren sogar prominente Personen aus der Wirtschaft das bedingungslose Grundeinkommen, allen voran – aber mitnichten als einziger – der mittlerweile verstorbene Drogeriekettenbesitzer Götz Werner.“
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