„Alte Muster: Damit die „Hartz IV-Debatte“ nicht aus dem Ruder läuft, muss man „die“ einen gegen „die“ anderen in Stellung bringen…

…Und dann kann man im Windschatten etwas ganz anderes ansteuern“, wieder ein Beitrag von Stefan Sell, der darlegt, wie im Laufe der Diskussion um Hartz IV nun wieder die Aufmerksamkeit auf Nebenthemen verschoben wird. Wer „Regelsätze“ erhöhen will, wird sogleich damit konfrontiert, damit ein Förderprogramm für die AfD anzubieten, weil die Erhöhung die Zuwanderung in die Sozialsysteme fördere. Von der Bundesregierung ist, wie schon mehrfach dargelegt, nicht viel zu erwarten in Sachen Umbau der Sicherungssysteme, die Bürger sind gefragt, hier zu mobilisieren und auf ernsthafte Lösungen zu drängen. Da ist innerhalb des Bestehenden manches möglich, wirklich weiterführend wäre aber nur ein BGE, das etliche Debatten, die wir führen, beenden könnte und zugleich die Tür zur Beantwortung anderer wichtiger Fragen öffnet. Siehe auch hier, darin die Verlinkungen.

Sascha Liebermann

„Das Hirn braucht Leerlauf“ – aber wie gelangen wir dorthin?

Die Forderung Susanne Messmers in der taz ist einfach und klar. Am Ende des Beitrags heißt es:

„Die Warnungen von Kritikern wie Guillaume Paoli, Alix Faßmann und Anselm Lenz mögen manchmal zugespitzt sein, aber sie haben auch einen wahren Kern. Je eingespannter wir sind, desto weniger fällt uns ein. Kein neuer Gedanke ohne wenigstens ein bisschen Leerlauf im Kopf. Der Mensch braucht Muße, und es wird immer schwieriger, sie zu verteidigen.“

Ja, Muße, nicht Faulheit, darum geht es. Aber wie Muße ermöglichen, ohne daraus eine Mußemaßnahme, Mußeverordnung oder Mußeverteilung zu machen? Darüber schweigt sich die Autorin aus. Sonderbarerweise kein Wort vom Bedingungslosen Grundeinkommen – obwohl in derselben Zeitung darüber regelmäßig geschrieben wird. Gerade das BGE hätte aber das Zeug dazu, diese Freiräume zu schaffen, derer Muße bedarf, um entstehen zu können: ohne Anleitung, ohne Hinführung, ohne Zuteilung. Einfach so – durch Ermöglichung.

Sascha Liebermann

„Holt die Leute raus!“…

…ein Beitrag von Wolfgang Strengmann-Kuhn in derFreitag, in dem zwar nicht für ein Bedingungsloses Grundeinkommen argumentiert wird, aber für eine Verbesserung im bestehenden System mit Garantieelementen. Es geht darin auch um die Abschaffung der Sanktionen (siehe dazu hier) und das sogenannte Lohnabstandsgebot, das letztlich auf das Theorem der Armutsfalle zurückgeht (siehe dazu hier).

„Nicht nur Gutverdiener stehen sich mit Erwerbsarbeit finanziell besser als nicht erwerbstätige Hartz-IV-Bezieher“…

…schreibt Johannes Steffen auf dem Portal Sozialpolitik. Wie schnell auf die von Steffens monierten falschen Darstellungen aufgesprungen wurde, zeigt die Stellungnahme des Wirtschaftsrats der CDU.

Steffen reagiert auf einen Beitrag von Dietrich Creutzburg in der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Siehe auch hier.

Sascha Liebermann

„Recht auf Arbeit? Recht auf Faulheit?“ – eine irreführende Entgegensetzung…

…leistet sich wieder ein Beitrag in der taz, von Anna Lehmann, über die Unterschiede zwischen „solidarischem“ und Bedingungslosem Grundeinkommen. Man fragt sich, was das soll angesichts der weit fortgeschrittenen, differenzierten BGE-Diskussion, in der immer wieder deutlich gemacht wurde, dass es weder um ein Arbeitsverbot noch um Faulheit gehe. Der Beitrag von Sebastian Beug in der BZ ist da schon sachlicher. Und in der taz fragt sich Susanne Messmer wie wieder Zeit für Muße zu gewinnen wäre, die sie allerdings als „Nichtstun“ bezeichnet.

„Eine Diskussion mit Hindernissen: Das Grundeinkommen“…

…ein Beitrag von Sebastian Thieme auf Oxi-Blog. In seinem Beitrag weist Thieme auf manche Missverständnisse hin, die dadurch entstehen, dass verschiedene Vorstellungen von BGE nicht differenziert würden. Sehr schnell werden Schubladen aufgemacht oder wird bei Voraussetzungen verharrt, die gerade als fragwürdig in der BGE-Diskussion thematisiert würden. Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass manche, durchaus prominente Autoren, die ein BGE ablehnen, zu einer ernsthaften Auseinandersetzung, einer sachlichen Klärung, gar nicht bereit sind. Da geht es dann schnell nicht mehr argumentativ zu, es geht um Werthaltungen. Das ist legitim, sollte dann aber auch offen benannt werden. Siehe z. B. hier und meine Replik hier.

Sascha Liebermann

Noch einmal: Sanktionen im Hartz IV-System

Stefan Sell beschäftigt sich noch einmal differenzierter mit den jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zu Sanktionen im Arbeitslosengeld II-Bezug. Besonders hart trifft es Jugendliche:

„Und dann geht die BA auf eine Sonderproblematik im bestehenden Sanktionsregime ein. Dazu muss man wissen, dass die Sanktionsvorschriften für junge Hartz IV-Bezieher (also für die unter 25-Jährigen) erheblich restriktiver sind als für den Rest der Leistungsempfänger. Das Gesetz sieht bei Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen bereits beim ersten Verstoß, der über ein Meldeversäumnis hinausgeht, eine hundertprozentige Sanktion der Regelleistung vor, dann werden nur noch die Unterkunftskosten gewährt, bei einem zweiten Verstoß innerhalb eines Jahres werden auch die dann vollständig gestrichen […] dass junge Menschen dreimal so häufig sanktioniert werden wie über 25‐Jährige. Jede fünfte Sanktion führt zur völligen Leistungsstreichung. Um ihr Überleben abzusichern, flüchten sich die betroffenen jungen Menschen oft in illegale Beschäftigung oder Kleinkriminalität. Auch ein völliges „Verschwinden“ der Hilfebedürftigen aus dem Hilfesystem kommt vor. So versagt auch die Jugendhilfe diesen jungen Menschen ihre Unterstützung, denn nach herrschender Rechtsmeinung befürchtet sie, die Regelung des SGB II zu unterlaufen, wenn sie für sanktionierte Jugendliche aus dem Rechtskreis SGB II tätig wird. Daher ist es verbreitete Praxis der Jugendämter, sich für diese Jugendlichen als „nicht zuständig“ zu erklären.“

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