Finnlands Experiment – Berichterstattung sucht sich aus, was gefällt…

…den Eindruck erhält man, wenn die verschiedenen Beiträge in den Medien, die das Archiv Grundeinkommen gesammelt hat, durchschaut. Diese selektive Deutung der vorläufigen Ergebnisse entspricht dem, was Erfahrungen mit früheren Versuchen ebenso gezeigt haben, siehe hier und hier. Siehe auch „What (If Anything) Can We Learn from the Preliminary Results of the Finnish Basic Income Experiment?“.

„Soll Deutschland ein bedingungsloses Grundeinkomen einführen?“ – Für Experimente: Jürgen Schupp, dagegen: Dominik Enste…

…beide Beiträge befinden sich auf der Website des Instituts der deutschen Wirtschaft.

Jürgen Schupps Position zusammengefasst:

„Sämtliche Initiativen werden wissenschaftlich begleitet und sollen ergebnisoffen evaluiert werden. Womöglich kommt am Ende dabei raus, dass ein bedingungsloses Einkommen im Saldo eher kontraproduktiv ist. Aber vielleicht auch, dass statt eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle eine hybride Form genau das ist, was unsere Sozialsysteme brauchen.“

Schupp überschätzt in meinen Augen die Leistungsfähigkeit solcher Experimente, wenn auch sein Plädoyer für eine offene Diskussion sympathisch ist. Er unterschätzt aber zugleich etwas ganz Entscheidendes, die Autonomiezumutung, die unserer politischen Ordnung innewohnt, weil sie die Mündigkeit (siehe auch hier) eines jeden Bürger nicht nur voraussetzt und anerkennt, sie fordert sie ihm auch ab. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen setzt nichts Anderes voraus und mutet genau dasselbe zu. Was heute schon vorausgesetzt wird, kann nicht Gegenstand einer Prüfung sein, es sei denn, man wolle prüfen, ob das Bestehen der Demokratie eine gute Idee ist.

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„Für viele ein ‚Stückchen Freiheit'“…

…schreibt Reinhard Wolff in der taz über das Projekt in Finnland. Im Untertitel wird über die „Erprobung eines bedingungslosen Grundeinkommens“ geschrieben, was natürlich irreführend ist, denn um ein solches handelte es sich in Finnland nicht. Das wird auch im Beitrag deutlich, es wäre also besser gewesen, auf die Untertitelung zu verzichten. Was ließe sich denn trotz alldem und der Problematik von Feldexperimenten aus dem Projekt schließen? Dazu müsste der Blick darauf gerichtet werden, was eine Einkommensgarantie, die ohne Gegenleistungsverpflichtungen bereitgestellt wird und durch zusätzliche Erwerbseinkommen nicht sinkt, zum Ausdruck bringt: eine Anerkennung des Einzelnen um seiner selbst willen. Diese normative Dimension wird – trotz des an den Lebenshaltungskosten gemessenen niedrigen Betrags in Finnland – unterschätzt. Um ihre Bedeutung zu ermessen, bräuchte es allerdings keines Feldexperimentes, sie ließe sich auch anders untersuchen, ohne BGE, wenn der Blick genau auf Erfahrungen des bedingungslosen Angenommenwerdens gerichtet wird.

Sascha Liebermann

„Basic Income In Cities…

…A guide to city experiments and pilot projects“, eine Veröffentlichung
der National League of Cities (NLC) und des Basic Income Lab (BIL) an der Standford-University.

„The Finnish Basic Income Experiment – Correcting The Narrative“…

…ein Beitrag von

„Wie das Grundeinkommen die Menschen für die Digitalisierung wappnet“…

…das ist Meera Zarembas Replik auf den Beitrag von Ralf Stegner auf vorwärts, auf den wir schon hingewiesen haben. Siehe auch den polemisch zuspitzenden Vortrag von ihr über die „Arbeitsgesellschaft“ hier.

Zaremba schreibt in einer Passage ihres Beitrags:

„Die Arbeitsmotivation sinkt übrigens nicht, wenn Menschen Grundeinkommen erhalten. Im Gegenteil. Noch nie hätten sie so viel gearbeitet und seien dabei so wenig gestresst gewesen, berichten viele der Teilnehmer. Andere Experimente, z.B. aus den USA und Kanada, kommen zu ähnlichen Ergebnissen.“

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„Versuchslabor Armut“…

…eine Dokumentation (hier in der Mediathek von 3SAT) über Armut und Feldexperimente, die Einsichten in deren Gründe liefern sollen. Diese Doku gibt Einblick darein, wie solche Feldexperimente in Anlehnung an Kontrollstudien aus der medizinischen Forschung durchgeführt werden. Auf der Basis standardisiert erhobener und ausgewerteter Daten, darauf wird von Stefan Silvestrini hingewiesen, kann allerdings nur festgestellt werden, welche Unterschiede zwischen Kontrollgruppen bestehen. Woher sie rühren, ist so nicht herauszufinden, es bedarf dazu sogenannter qualitativer Verfahren, die dann erst verstehen lassen, welche kulturellen Deutungsmuster hinter dem Handeln der Menschen zu erkennen sind. Damit wird zugleich deutlich, dass Befunde nicht einfach auf andere Länder übertragen werden können, siehe dazu auch Interviews mit der Ethnologin Sabine Klocke-Daffa über das Grundeinkommensprojekt in Namibia.

Sascha Liebermann

Und wieder rückwärts – Medienberichterstattung zum finnischen Experiment als Symptom…

…siehe die Hinweise beim Archiv Grundeinkommen und unsere jüngsten Kommentare. Nun gibt es ein weiteres Interview mit Informationen aus erster Hand, Die Zeit hat es mit Marjukka Turunen geführt, siehe hier, sowie eines mit Prof. Olli Kangas bei wallstreet online. Auch der stern wartet mit einer differenzierten Darstellung auf „Das Grundeinkommen ist mit Vorsatz gescheitert – aber nicht tot“.