„…viele Kinder zu bekommen, ist besser, als arbeiten zu gehen“ – Prechts widersprüchlicher Paternalismus

Thilo Jung (Jung & Naiv) hat wieder einmal Richard David Precht interviewt, in diesem Gespräch geht es ab Minute 17 etwa um die Frage, ob denn Kinder auch ein Bedingungsloses Grundeinkommen erhalten sollen. Jung spricht Precht auf seine Äußerungen von vor einem Jahr an, für die er kritisiert wurde. Damals, in einem Gespräch mit Christoph Butterwegge (siehe auch hier), hatte Precht ein BGE von 1500 für Erwachsene vorgeschlagen, Kinder sollten aber keines erhalten, damit Eltern nicht auf den Gedanken kommen, in die Kinderproduktion einzusteigen, weil ihnen nichts Besseres einfalle. Precht wiederholt diese Äußerungen hier und sagt, dass er „ganz grundsätzlich“ dagegen sei, dass der Staat Menschen dafür belohne, Kinder in die Welt zu setzen. Er weiß, dass diese Äußerung schon vor einem Jahr Empörung hervorgerufen hat, und erläutert, dass ein BGE für Kinder ja gar nicht die Kinder erhalten, sondern die Eltern. Dann stelle sich die Frage, ob sie es denn für die Kinder auch ausgeben, solche Eltern wird es geben, „ganz viele“ aber werden das nicht tun.

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„So eine bist du“ – von Kindern, Kita und Generationensolidarität…

…handelt ein Beitrag einer anonymen Autorin, der auf Zeit Online veröffentlicht wurde. Was sie darin beschreibt und kritisch betrachtet, entspricht in vielerlei Hinsicht einer heute verbreiteten Vorstellung von Selbstbestimmung, die unter dem Stichwort „Wahlfreiheit“ Beziehungsminimierung als Fortschritt versteht. Dem entspricht eine Sozialpolitik, die außerhäusliche Betreuung (siehe auch hier) zum Nonplusultra erklärt, Begründungen dafür gibt es viele: den Kampf gegen Armut, Ungleichheit, die Erhöhung von Bildungschancen, die Aneignung von Social Skills – all das geschehe in diesem Alter im Grunde besser in einer Kita. Kinder werden vor allem als Beschränkung von Wahlfreiheit verstanden und das passt auch zu diesem Begriff, der ja nur die Wahl, nicht aber die Folgen betrachtet. Dabei lässt sich, sofern Kindern die Möglichkeit gegeben wird, leicht herausfinden, was sie am liebsten tun und wann etwas anderes ansteht. Auch das taucht in diesem Beitrag auf, dass ab einem bestimmten Alter der Kindergarten zum interessanten Ort wird, aber nicht für alle Kinder zum gleichen Zeitpunkt, für manche schon mit drei, für andere später.

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„Die 25-Stunden-Woche funktioniert!“ – und das bei vollem Gehalt…

…davon berichtete schon Anfang des Jahres Susanne Tappe für den NDR.

Rheingans Digital Enabler heißt das Unternehmen, das seit November 2017 bei vollem Gehalt die Arbeitszeit reduziert hat. Offenbar hat es sich bewährt, denn das Unternehmen praktiziert dies noch immer, siehe hier. Inwiefern sich diese Praxis auf andere Organisationen übertragen lässt, ist eine interessante Frage. Zugleich macht sie darauf aufmerksam, dass nicht die formale Arbeitszeit für  Leistung maßgeblich ist, sondern die Arbeitsorganisation und Mitarbeiter, die zu ihr passen, die also entsprechende Voraussetzungen mitbringen. Formale Arbeitszeit kann sowohl Schutzfunktionen für Arbeitnehmer haben, als auch kontraproduktiv sein, wenn Arbeitszeit durch „face-time“ gefüllt wird, also die Sichtbarkeit am Arbeitsplatz. Je weniger ein Beruf bzw. eine Tätigkeit durch das Abarbeiten an Routinen bestimmt ist, je mehr das Hervorbringen von Problemlösungen im Zentrum steht, desto weniger lässt sich Arbeitszeit formalisieren. Dann ist ein Individuum gefragt, das damit souverän umgehen kann, eine Sachbindung hat und zugleich die anderen Lebensbereiche zur Geltung kommen lässt. Ein BGE würde hier enorm unterstützend wirken.

Sascha Liebermann

„Wovon Manager träumen“…

…darüber schreibt Stephan Kaufmann in neues deutschland.

Man muss sich manchmal wundern, wie schlecht recherchiert wird. Es ist doch nun seit Jahren bekannt, dass Joe Kaeser von einem Bedingungslosen Grundeinkommen gar nichts hält, sich auch nie dafür ausgesprochen hat, dennoch verweist Kaufmann auf ihn und zitiert nur das damals schon kolportierte Zitat, indem von „einer Art Grundeinkommen“ gesprochen wird.

Sascha Liebermann

„Das bessere Grundeinkommen“ – oder: keinen Sinn für normative Differenzen…

…so könnte man Roman Pletters Beitrag auf Zeit Online übertiteln, der im Original nur aus dem zitierten Teil des Titels besteht. Er beschäftigt sich mit der BGE-Diskussion, den Lagern und Alternativen, die keine Überschreitung des heutigen Sozialstaats verlangen. Die Frage, wie es zu Veränderungen kommen kann, die langfristig wirklich hilfreiche Lösungen für die Herausforderungen des Lebens darstellen, ist berechtigt. In der Tat benötigt man dafür Mehrheiten und ebenso richtig ist, dass es Vorschläge gibt, mit denen das einfacher wäre als mit anderen. Wer also mit dem Erwerbsgebot nicht brechen will, findet Möglichkeiten innerhalb des erwerbszentrierten Sozialstaats: höhere bzw. anders konstruierte bedarfsorientierte Grundsicherungsleistungen, geringere Transferentzugsraten (dass sich Zuverdienst „lohnt“), eine andere Absicherung von Kindern (Kindergrundsicherung) usw. Wenige Passagen seien hier zitiert, um die Stoßrichtung seiner Überlegungen deutlich zu machen. Gegen Ende schreibt er:

„Um die Stigmatisierung aus dem Hartz-IV-System zu vermeiden, muss nicht gleich die Pflicht zur Gegenleistung wegfallen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Auszahlung in Zukunft über Finanzämter organisiert würde: Wer wenig verdient, kann wie in den USA eine Steuergutschrift bekommen. Es ist schließlich ein Unterschied, ob man eine Aufstockung des Lohns beantragt – oder ob man sich eine Steuererstattung holt, um ein Grundeinkommen zu erreichen.“

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„Wir wollen in der Lausitz das Grundeinkommen testen“…

…darum geht es in einem Interview von Gitta Düperthal mit Antonia Mertsching in junge Welt.
Hier ein Auszug:

Was erwidern Sie denen, die meinen, damit sollen Menschen abgespeist und ruhiggestellt werden?
Es geht nicht darum, aus Kohlekumpeln Grundeinkommenempfänger zu machen. Wir stellen uns das Modellprojekt in etwa so vor: In drei Dörfern mit je 100 Einwohnern soll jeder von diesen drei Jahre lang 1.000 Euro monatlich erhalten. Das Ganze soll wissenschaftlich begleitet werden. Wir wollen wissen, ob die Menschen sich im Gesellschaftsleben ihres Ortes mehr engagieren, eine schlechte Lohnlage ausgleichen, wichtige Anschaffungen vornehmen – oder sich wirklich auf die faule Haut legen, wie manche vermuten.“

Und hier ein wichtiger Hinweis:

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