Warum kommt es vor, dass es Familien über mehrere Generationen nicht gelingt, den Sozialhilfebezug zu verlassen?

„Das Bürgergeldgesetz ist gescheitert“, aber wie genau?

Das Magazin focus gibt auf seiner Website ein Interview mit Essens Stadtdirektor Peter Renzel wieder, das in „Die Welt“ erschienen ist (Bezahlschranke, deswegen der Rückgriff auf focus für diese Anmerkung).

Was bemängelt Peter Renzel und was schlägt er vor (laut focus)?

Als eine „Art bedingungsloses Grundeinkommen“ würden Bezieher das Bürgergeld wahrnehmen, wird behauptet, nun das ginge an der Realität vorbei und wäre eine erstaunliche Umdeutung des sanktionsbewehrten, auf Beaufsichtigung setzenden Bürgergeldes, das nach wie vor nur eine „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ ist, wie es im Gesetz steht.

Schwarzarbeit sei ein Problem – die hat aber mit dem Bürgergeld nicht direkt zu tun, das sind zwei verschiedene Dinge, es sei denn Rentzel verknüpft das eine notwendig mit dem anderen im Sinne dessen, dass Schwarzarbeit aus dem Bürgergeld folge. Wie auch immer – Schwarzarbeit ist eine Verletzung eines anderen Rechts und kann entsprechend geahndet werden.

Arbeit gehöre wieder in den Mittelpunkt, fordert Renzel, aber genau das steht im Gesetz, denn das Bürgergeld ist eine „Grundsicherung für Arbeitsuchende„. Er sagt weiter:

„Die fehlende Bereitschaft, sich anzustrengen eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufzunehmen, ist viel höher, als gemeinhin angenommen.“

Nun ist im focus-Beitrag leider nicht erwähnt, worauf er sich dabei beruft, denn bislang gibt es vor allem die Zahlen der Bundesagentur und die sind keine Annahmen, sondern zuerst einmal Statistik. Man kann beklagen, dass diese Zahlen vielleicht nicht genügend erfassen, dann müsste man die Datenerhebung verbessern. Man könnte aber auch entgegnen, dass sie nicht differenziert genug erfassen, was hinter der Ablehnung eines Angebotes steckt. Immerhin gab es schon vor zwanzig Jahren eine Untersuchung, die sich mit den Beweggründen befasste und interessante Einsichten bietet (siehe hier), andere Studien folgten.

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Vorrang von Erwerbstätigkeit nicht weniger hart, wenn es mehr Kitaplätze gäbe

„Rückblick auf den Fachtag an der FH Dortmund“…

…ein Bericht zu diesem Fachtag auf der Seite des Freiburg Institute for Basic Income Studies (FRIBIS).

Die Kontroverse, ob der Vorschlag eines Universal Basic Income und der von Universal Basic Services einander ausschließend oder komplementär ist, zeigt, auf welchen Prämissen beide Vorschläge beruhen und dass sie keine Gegensätze sein müssen. Das sehen manche Vertreter des UBS offenbar anders und setzen dem UBI z. B. eine Beschäftigungsgarantie entgegen (zu dieser Debatte siehe auch hier).

Sascha Liebermann

…ein Pauschalbetrag ohne Verpflichtung sei „fast ein wenig kindisch“…

…meint zumindest Clemens Hoffmann in seinem Beitrag zum Bedingungslosen Grundeinkommen in der Sendung WDR Politikum (ab Minute 14:48).

So erfreulich es ist, dass darüber wieder einmal berichtet wird, so selbstverständlich ist der Vorschlag mittlerweile, wenn die Parteien ihn als Begriff zur negativen Abgrenzung gebrauchen, z. B. gegenüber dem Bürgergeld. Dennoch scheint er zur Zeit nicht für relevant gehalten ztu werden, es gebe, so Hoffmann andere sozialpolitische Fragen zu beantworten. Doch an seinen Ausführungen wird dann gerade deutlich, dass wegen dieser Fragen ein BGE nach wie vor eben relevant bleibt, weil es andere Möglichkeiten schüfe.

Ärgerlich ist allerdings die missverständliche Darstellung des Vorschlages, so wird das BGE – wieder einmal – mit der Negativen Einkommensteuer in einen Topf geworfen, obwohl es eine andere Struktur hat. Im Falle einer NES werden Einkommen und Mindestsicherung ja verrechnet, womit letztere ihren unabhängigen Charakter gerade verliert. Ein BGE sieht hingegen vielmehr vor, dass es bereitgestellt wird ganz unabhängig von anderen Einkommensarten und nur diese letzteren dann – je nach Vorschlag – direkt besteuert werden. Es erfolgt also keine Verrechnung.

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Der Sozialstaat als Freiheits- und nicht als Sozialhilfestaatsprojekt

…Bürgergeldbeziehern, das schimmert auch durch die Äußerungen in diesem Ausschnitt aus der letzten Maischbergersendung (hier ab Minute 32). In anderer Hinsicht könnte ein Argument daraus gemacht werden: dass die SPD durch die langjährig propagierte Haltung des „Beinahe jede Arbeit ist besser als keine“ den Leistungsbegriff entleert hat – „Beschäftigung“ ging vor Wertschöpfung und Leistung. Damit war immer nur Erwerbstätigkeit gemeint, nicht Haushalts- und Sorgetätigkeiten, nicht Ehrenamt. Unternehmen wurden zu Erziehungsanstalten umgedeutet, auch von Arbeitgebern, die schärfere Sanktionen einforderten, als ob sie dadurch leistungsbereite Mitarbeiter gewinnen könnten.

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