…ein Beitrag von GRÉGORY CLAEYS, MIA HOFFMANN & GUNTRAM B. WOLFF auf Makronom.
„Ist das Arbeitslosengeld zu hoch, sinkt der Anreiz, sich einen Job zu suchen“ – von wegen Binsenweisheit…
…, die Behauptung passt gut zu meinem gestrigen Beitrag zur vermeintlichen „poverty trap“. Hier die wörtlichen Ausführungen Martin Kochers, Arbeitsminister Österreichs in einem Interview mit Der Standard. Kocher antwortet auf die Frage danach, was er von der Erhöhung des Arbeitslosengeldes halte:
„Kocher: Hierzu gibt es kaum Studien, es gab aber auch zuvor nicht solch eine Ausnahmesituation. Wir wissen aber, dass der Anreiz, sich einen Job zu suchen, sinkt, wenn das Arbeitslosengeld zu hoch ist. Das ist für sich genommen eine Binsenweisheit. Es geht also darum, wie das Modell aussieht. Deshalb war ich Verfechter eines Modells, wonach die Entschädigung am Anfang höher ist und dann absinkt. Generell würde ich es als schlecht empfinden, jetzt in der Krise das System zu ändern.“
Von wegen Binsenweisheit, ein Klischee ist diese simple Formel und nur aufrechtzuerhalten, wenn Befunde aus der dynamischen Armutsforschung nicht zur Kenntnis genommen werden. Wiederholt ist von verschiedener Seite darauf hingewiesen worden, dass es den schlichten Zusammenhang zwischen Höhe von Arbeitslosengeld oder anderen Einkommenssubstituten nicht gibt und die Behauptung nur am Leben erhalten werden kann, weil bestimmte Annahmen gesetzt werden.
Andrew Yang is running for Mayor in New York City
#Running4Mayor: „During the race for president, @AndrewYang became best known for his universal basic income proposal to give every American $1,000 a month. – Yang says he will propose a similar plan for New Yorkers – an idea which could shake up the race.“https://t.co/DtqBkTVgxq
— Mensch in Germany (@InMensch) January 14, 2021
Wie lange wird es wohl dauern, bis eingesehen wird, dass zielgenaue Hilfen anders aussehen als die bisherigen?
„Es ist nun Aufgabe der Regierung, schnell dafür zu sorgen, dass alle BürgerInnen weiterhin über ein existenzsicherndes Einkommen verfügen. Einfach & unbürokratisch, verlässlich & bedingungslos.“ – @susannewiest’s Petition vom 14.3.2020 (!). Höchste Zeit! https://t.co/HLs9lYETjf
— Mensch in Germany (@InMensch) January 14, 2021
„Aber heute schon bekommen auch Millionäre Familienbehilfe“
Friedrich Schneider:
„In unserer Art zu denken, ist so etwas nicht vorgesehen – das muss doch an Bedingungen geknüpft sein. Aber schon heute bekommen auch Millionäre Familienbeihilfe – das hinterfragt niemand.“#BGE #Grundeinkommen
— BGE Eisenach (@bge_esa) January 14, 2021
„Entgegen verbreiteter Annahmen nehmen erwerbslose Arbeitslosengeld-II-Beziehende in einem nicht zu vernachlässigenden Umfang (wieder) eine Beschäftigung auf“…
…stellt ein Beitrag von Katharina Dengler und Kathrin Hohmeyer im IAB-Forum heraus. Wie die Autoren festhalten, ist diese Einsicht nicht neu. Siehe auch frühere Beiträge zu dieser Thematik hier, zur vermeintlichen Armutsfalle hier und hier.
„An Musiker, Schauspieler oder kleine Ladenbesitzer. Da sie kaum Betriebsausgaben hätten, kämen die meisten Hilfsprogramme für sie nicht infrage“…
…heißt es in einem Beitrag des MDR, der wieder einmal deutlich macht, wie zielungenau die Corona-Hilfen sind.
„Poverty trap“? A persevering myth/ Die Armutsfalle ist ein beharrlicher Mythos…
The poverty trap: Conditional benefits deter people from seeking work. „By contrast, a basic income is a base, not a ceiling, so that having a job wouldn’t mean losing the income, as it is unconditional. There is no disincentive here.“ Read more below. https://t.co/9zicM7uEpZ
— The UBI News Hub (@TheUBINewsHub) January 12, 2021
…sie ist keinesfalls so einfach in ihren Zusammenhängen, wie oft behauptet, siehe folgende Studien dazu:
„Zur Kritik des Armutsfallentheorems“ (Ronald Gebauer und Hanna Petschauer)
„Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-Reform“ (Georg Vobruba und Sonja Fehr)
„Fordern statt Fördern? – Nein! Wege aus Arbeitslosigkeit und Armut erleichtern“ (Ronald Gebauer)
„Arbeit gegen Armut. Grundlagen, historische Genese und empirische Überprüfung des Armutsfallentheorems“ (Ronald Gebauer)
Wie vereinfachend mit dem Lohnabstandsgebot in vielen Studien hantiert wird, dazu siehe:
„…da geht das Arbeitsangebot zurück…“
Letztlich unterliegt den behaupteten Zusammenhängen stets die vereinfachte Annahme, Handeln werde durch Anreize initiiert. Dass in diesen Studien Handeln nicht nur unterkomplex betrachtet wird, sondern die zugrundeliegenden Daten die Komplexität von Handlungsmotivierungen nicht sichtbar machen, dazu siehe die methodischen Hinweise hier.
Sascha Liebermann
Haben sich SPD-Mitglieder denn bisher daran grundsätzlich gestört? Würde es denn dann diese Grundsicherung geben?…
Jedes SPD-Mitglied, das noch ein wenig Sozialdemokratie im Leib hat, müsste dagegen offen und lautstark protestieren: https://t.co/yhPQHWYPHS
— Wolfgang M. Schmitt (@SchmittJunior) January 13, 2021
…Manche sicher, es gibt sogar BGE-Befürworter in den SPD Reihen, doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Und war es nicht die SPD und ihren Ministern, die das Sanktionsregime samt Regelsätzen stets verteidigt hat bisher? Jüngste Vorschläge sind kosmetische Rhetorik für Veränderungen im Kleinsten.
Sascha Liebermann
Wer Stigmatisierung nicht will, muss die Bereitstellungsbedingungen verändern – Sprachkosmetik hilft nicht weiter
Gegenstandslose Rhetorik. Das Schamgefühl resultiert vor allem aus der Nicht-Erfüllung der Erwerbsnorm und nicht aus persönlichen Befindlichkeiten. Nur die Aufhebung der Erwerbspflicht ändert was daran. #BGE (MS)
— BGE Eisenach (@bge_esa) January 11, 2021