„Und es ist doch finanzierbar“…

Michael Bohmeyer von Mein Grundeinkommen über die Unterscheide zweier Studien zur Finanzierung, die eine stammt vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, die andere vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (unsere Kommentare zur dieser Studie finden Sie hier).

Der Beitrag bietet eine gute Übersicht zu den Annahmen der Studien und den daraus folgenden unterschiedlichen Ergebnissen samt Schlussfolgerungen. Den Blick auf die Annahmen zu richten ist keine neue Einsicht, denn wenn schon nicht das reale Handeln von Personen sowie ihre handlungsleitenden Überzeugungen untersucht werden, dann bleibt nur, ein solches zu simulieren, und zwar auf der Basis von Annahmen. Das gewinnt dadurch zwar fiktionalen Charakter, denn die Simulation ist nicht etwas, dass sich im realen Leben schon als Handeln manifestiert hat (deswegen die ceteris paribus). Die Frage ist, wie man zu den Annahmen gelangt und hier spielt es eine entscheidende Rolle, wie die soziale Wirklichkeit erforscht wird. Von großer Bedeutung ist hierbei die verbreitete, stark reduktionistische Verwendung des Begriffs „Anreize“, der auch in den Studien eine entsprechende Rolle spielt.

Bei allen Hoffnungen, die Mein Grundeinkommen auf die vermeintlich realitätsnahen Feldexperimente (siehe auch hier) setzt, bleiben sie Experimente. Realistisch wäre eine Untersuchung erst, nachdem ein BGE eingeführt worden wäre, wie manche Wissenschaftler schon geäußert haben, denn im Unterschied zu naturwissenschaftlichen Forschungsgegenständen, sind diejenigen der Sozialwissenschaften selbstreflexiv, ihr Handeln orientiert sich stets an den Handlungsmöglichkeiten und etwaigen Folgen, die sie mit sich bringen.

Sascha Liebermann

Erwerbsobliegenheit? Die FDP scheint sie zu kennen,…

…das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nicht (siehe hier). Was folgt daraus? Keine Erwerbsverpflichtung und keine Nachrangigkeit des Sozialstaats, sondern eine Vorrangigkeit der Stärkung von Autonomie durch Absicherung einer Einkommensbasis im Geiste der Demokratie. Denn Selbstbestimmung kann nicht zur Disposition stehen in einer Gemeinschaft von Bürgern, ohne sich selbst das Wasser abzugraben.

Sascha Liebermann

Anderer Blickwinkel…

…, der die Erwerbszentrierung deutlich bezeugt und daraus folgend das Ausblenden unbezahlter Arbeit.

Sascha Liebermann

Alle blasen in dasselbe Horn…

…und keiner fragt, ob diese „Anreize“ überhaupt so wirken, wie es behauptet wird. Sebastian Thieme spießt das zurecht auf. Wie es möglich ist, dass trotz differenzierterer Betrachtungen zur Entstehung und Entfaltung von Leistungsbereitschaft dennoch diese extrem vereinfachten und damit sachlich falschen Zusammenhänge hergestellt werden?

Siehe dazu auch hier und hier.

Sascha Liebermann

„Ich habe weder das Wort ‚Strafe‘ benutzt, noch habe ich das Wort ‚faul‘ benutzt“…

…und dennoch ging es im Interview mit Jens Spahn (Deutschlandfunk, am 31. August) genau darum, welche Wirkungen dem Bürgergeld angesonnen werden. Die Wirkungen entstehen allerdings nur, wenn ein bestimmtes Menschenbild vorausgesetzt wird. Was hat Jens Spahn nun genau gesagt?

Zuerst fragt ihn die Interviewerin: „Herr Spahn, die geplante Erhöhung des Bürgergeldes ist das falsche Signal. Das sind Ihre Worte, dicht gefolgt von Ihrer Forderung nach mehr Strafen für arbeitsunwillige Erwerbslose. Welches Menschenbild steckt denn hinter solchen Aussagen?“.

Darauf entgegnet er:

„Spahn: Dahinter steckt ein einfaches Menschenbild, ein einfaches Prinzip. Wer arbeiten kann, sollte arbeiten.“

Wenn derjenige, der kann, das auch „sollte“, wird eine Handlungsmöglichkeit zum Gebot erhoben. Zugleich besteht die Gefahr der Abweichung davon, dass er nicht tut, was er tun sollte. Wenn die Abweichung vom Gebot, wie Spahn hervorhebt, nicht als wünschenswert gilt, dann muss ihr vorgebeugt bzw. im Fall des Eintretens entgegengewirkt werden. Möglich ist das, indem z. B. der Leistungsbezug unattraktiv gemacht wird, sei es durch Androhung der Streichung von Mitteln, sei es durch die Gewährung eines so niedrigen Betrages, dass der Bezieher nicht anders kann, als erwerbstätig zu werden (was allerdings mit der Verpflichtung des Staates, das Existenzminimum sicherzustellen kollidiert). Spahn geht eben davon aus, dass es am Bürgergeld und seiner Höhe liege, wenn Erwerbsfähige nicht erwerbstätig sind. Sie ziehen es nach Spahns Einschätzung vor, den einfachen Weg zu gehen, wenn sie denn Einkommen auch ohne Erwerbstätigkeit beziehen können. Wenn das das „einfache[…] Menschenbild“ ist, das Spahn hervorhebt, inwiefern unterscheidet es sich davon, die Bürger grundsätzlich für „faul“ zu halten bzw. ihnen anzusinnen, zur Untätigkeit zu neigen, wenn sie die Gelegenheit haben?

„Ich habe weder das Wort ‚Strafe‘ benutzt, noch habe ich das Wort ‚faul‘ benutzt“… weiterlesen

Bedenkenswertes zur Diskussion um die AfD…

…, auch wenn der Thread schon etwas zurückliegt, sei deswegen auf ihn hingewiesen.

Verwundern kann einen, welch hoher Stellenwert in der Diskussion um die vermeintlichen Erfolge der AfD Meinungsumfragen beigemessen wird, insbesondere dann, wenn nach hypothetischen Entscheidungen gefragt wird, wie es bei der „Sonntagsfrage“ der Fall ist.

Siehe unsere früheren Beiträge zu Meinungsumfragen und ihren methodischen Grenzen hier.

Sascha Liebermann

„Care & Gender – Potentials & Risks of UBI“ – das Programm der FRIBIS-Jahrestagung…

…ist nun online einsehbar. An manchen Stellen wünscht man sich noch konkretere Angaben. Der Workshop von Ute Fischer und Sascha Liebermann am Dienstag widmet sich dem Stellenwert der fallrekonstruktiven (oder auch qualitativen) Forschung für die Diskussion um ein Bedingungsloses Grundeinkommen.