Nein, das kann doch…

…gar nicht sein, dass das eine Rolle spielen soll, obwohl man es ständig in ausführlichen Gesprächen antrifft, das darf nicht sein.

Sascha Liebermann

Staatserbe, Grunderbe, Stakeholder Grant…

…diese Vorschläge erhalten neuen Wind in ihre Segel durch jüngere Diskussionen. Christian Endt und Mark Schieritz (Bezahlschranke) gehen diesen Vorschlägen in ihrem Beitrag auf Zeit Online nach. Eingebracht hat ihn zuletzt wieder das Forum New Economy.

„Im Prinzip funktioniert die Idee wie ein Grundeinkommen“, schreiben die Autoren, nur dass es sich nicht um eine monatliche Zahlung handele. Treffend wird darauf verwiesen, dass Einkommen ein wichtiges Mittel ist, um Möglichkeiten ergreifen zu können in einem Gemeinwesen, das nicht auf Naturaltausch beruht. Bei diesen Vorschlägen hier aber werden diese Möglichkeiten immer auf Erwerbsbeteiligung kanalisiert, denn ob dreißig, sechzig oder achtzigtausend Euro bei Erreichen der Volljährigkeit – der Vorschlag verschafft eine gewisse Unterstützung, solange er mit Erwerbstätigkeit kombiniert wird – und genau daran rüttelt er nicht. Deswegen ist es nicht überraschend, wenn er mit dem Ziel verbunden wird, die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt zu bessern, um langfristig ein höheres Einkommen erzielen zu können. Dagegen ist nichts einzuwenden, gegen die Fixierung auf Erwerbstätigkeit hingegen schon, weil sie eine normative Engführung bekräftigt, die heute schon vorherrscht. Wenn die Autoren die gestiegene Armutsgefährdung insbesondere bei Alleinerziehenden bemühen, gegen die ein Grunderbe helfen könne, thematisieren sie gerade nicht, in welchem Dilemma diese sich befinden: auf der einen Seite Zeit für ihre Kinder zu haben, auf der andere Einkommen heranschaffen zu müssen und zwischen beidem zerrieben zu werden. Der Konflikt resultiert aber gerade auf der Erwerbszentrierung, also darauf, Einkommen über Erwerbstätigkeit erzielen zu sollen. Aus dieser Engführung führt ein Grunderbe nicht hinaus, dazu bedarf es dann schon eines Bedingungslosen Grundeinkommens.

Staatserbe, Grunderbe, Stakeholder Grant… weiterlesen

Der „Arbeitsanreiz“ als eindimensionale Erklärung…

…dafür, welche Auswirkungen ein komplexes und in mancher Hinsicht intransparentes System von Sozialleistungen haben könnte. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hat diesen Oktober eine Stellungnahme zur Reform der Grundsicherung vorgelegt und sich darin das Zusammenwirken verschiedener Leistungen angeschaut. Bekanntermaßen ist das Leistungsgefüge äußerst komplex, unübersichtlich und uneinheitlich. Uns soll hier aber nur interessieren, wie eindimensional über die Wirkungen von Leistungen darin gesprochen wird. Exemplarisch dafür ist folgende Passage:

„Das Bürgergeld bietet durch die Hinzuverdienstregelungen Anreize, eine Arbeit aufzunehmen. Der Anreiz, die Arbeitszeit zu erhöhen bzw. sich weiter zu qualifizieren, ist hier jedoch ab einem Bruttoeinkommen von 1.200 Euro ohne Kinder und 1.500 Euro mit Kindern nicht mehr gegeben, da dann sämtliche zusätzliche Einkommen mit dem Bürgergeld verrechnet werden. Dafür bietet knapp jenseits dieser Einkommensgrenzen das zweite Grundsicherungssystem weitere Arbeitsanreize, da hier das Nettoeinkommen mit dem Bruttoeinkommen erst einmal deutlich ansteigt. Allerdings bedingen die Anrechnungsregelungen für Wohngeld und Kinderzuschlag auch hier erneut weite Einkommensintervalle, in denen Arbeitsanreize entweder gar nicht (mit Transferentzugsraten von z.T. über 100 Prozent) oder nur in geringem Ausmaß vorhanden sind. Abbildung 1 zeigt dies exemplarisch durch den Ausweis der Bereiche, in denen die Grenzbelastung aus Sozialversicherungsbeiträgen, Lohnsteuern und Transferentzug für Haushalte bei über 85 Prozent liegt (in rot) und somit die Arbeitsanreize besonders gering sind.“ (Stellungnahme S. 16)

Wie in so vielen Stellungnahmen zu dieser Frage kreist die Erörterung der Zusammenhänge um eine einzige Dimension, und zwar die, ob und ab wann es sich „lohnt“ einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und wann das nicht mehr der Fall ist. „Lohnt“ es sich, heißt in größter Vereinfachung, wann erhalte ich mehr Geld, also, was bringt mir das, um es ganz salopp auszudrücken.

Der „Arbeitsanreiz“ als eindimensionale Erklärung… weiterlesen

Der Klassiker: Was ich behaupte, dass für die anderen gelte, gilt doch nicht für mich…

…ganz am Ende des Kurzfilms.

Wer mehr solcher Straßeninterviews zum Grundeinkommen sehen möchte, sei an den Film von Daniel Häni und Enno Schmidt erinnert, „Grundeinkommen ein Kulturimpuls“, nach wie vor sehenswert.

Sascha Liebermann

That’s it

What Scott Santens states here, does apply to any statement that asserts, UBI could be abused or redefined, so it would not be unconditional. That might happen, but it would be no UBI anymore.

Sascha Liebermann

Eigenheiten der Methodik: standardisierte Befragungen

„’Wer nach sechs Monaten immer noch keinen Job hat,…

… muss einer gemeinnützigen Tätigkeit nachgehen. Wer dem nicht nachkommt, dem muss die Stütze deutlich gekürzt werden‘, sagte der 46-Jährige.“ Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär, äußerte sich in dieser Weise laut Tagesspiegel.

Man kann sich nun über den Ton ärgern, der hier angeschlagen wird, dass es Konsequenzen für unerwünschtes Verhalten geben müsse usw., man kann sich aber auch die Hinweise der Bundesagentur für Arbeit „Rechte, Pflichten und Leistungskürzungen“ durchlesen und fragen, inwiefern sich Linnemanns Vorschläge davon nun unterscheiden – außer im Ton? Gemeinnützige Tätigkeit (siehe Bürgerarbeit), das wäre etwas Neues, erinnert ein wenig an die „chain gangs“ aus der „welfare to work“-Diskussion, an dem sich manche Politiker Ende der 90er Jahre orientierten, unterstützt durch meinungsstarke Beiträge mancher Sozialwissenschaftler (von denen manch einer sich wiederum für ein Grundeinkommen erwärmen kann). Vereine, die von bürgerschaftlichem Engagement leben, würden sich gewiss bedanken, wenn nun jemand einen Dienst bei ihnen ableisten müsste oder doch dann eben „chain gangs“, Straßen kehren, Parks aufräumen?

„’Wer nach sechs Monaten immer noch keinen Job hat,… weiterlesen

Das Bürgergeld, das Bürgergeld

Durch Sachlichkeit ist Kai Whittaker in diesem Zusammenhang in den vergangenen Jahren nicht unbedingt aufgefallen. Mit Bezug auf die Bild-Zeitung, die noch gerne skandalisiert, greift er deren Bericht darüber auf, dass Reinigungsfirmen vermelden, Angestellte würden kündigen, weil es das Bürgergeld gebe. Quelle dafür ist eine Umfrage unter entsprechenden Unternehmen. Dass die Gründe womöglich doch komplexer sind, als die Befragung zutage fördert, wird nicht einmal erwogen. Die Umfrage-Gläubigkeit ist bestechend. Wer ein wenig Erfahrung damit hat, wie anders sich Befragte in Forschungsgesprächen äußern, wieviel differenzierter und zugleich widersprüchlicher, wird auf den Befund der hier genannten Befragung nicht viel geben, schon gar nicht, ohne sie gesehen zu haben. Ein schöner Aufhänger für Bürgergeld-Bashing ist sie trotzdem.

Ein wenig vertiefende Lektüre in die Fraglichkeit solch vermeintlich einfacher Zusammenhänge wäre sinnvoll. Zu methodischen Beschränkungen standardisierter Befragungen siehe hier und hier.

Sascha Liebermann