Ein weiterer Anhänger der „Stilllegungsprämie“ – Bundespräsident Steinmeier…

…so zumindest ist die Meldung, dass Bundespräsident Steinmeier laut Zeit Online, sich gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen ausgesprochen hat, keine Überraschung. Er wird so zitiert:

„Das käme einer Kapitulation gleich, noch bevor wir über die Zukunft der Verteilung von Arbeit, Qualifizierung und soziale Sicherung ernsthaft diskutiert haben“, sagte Steinmeier auf dem 21. Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am Sonntag in Berlin. „Ich sehe jedenfalls keine Verlockung darin, Sozialpartnerschaft und tradierte Formen der Gehaltsfindung für gescheitert zu erklären und dem Staat diese Aufgaben mit der Zahlung eines bedingungslosen Grundeinkommens aufzubürden.“

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen sei eine „Abstellprämie für die Stilllegung von Arbeitskraft“. Da weiß man, mit wem man es zu tun hat (siehe hier).

Sascha Liebermann

„…Zeit haben, um durch Erfahrungen mit Gleichaltrigen sozial kompetent zu werden…“…

…darum ging es in einem Interview mit dem Kinderarzt und Entwicklungsforscher Remo Largo in der Neuen Zürcher Zeitung. Siehe auch den Bericht über ein Gespräch mit Jugendlichen in derselben Zeitung hier. Largo hat Langzeitstudien zur kindlichen Entwicklung am Zürcher Kinderspital durchgeführt, woraus seine bekannten Bücher entstanden sind, zuletzt „Das passende Leben“. Darin spricht er gegen Ende über die Chancen, die ein Bedingungsloses Grundeinkommen bedeute, geäußert hatte er sich dazu ebenso in einem Interview. Largo kritisierte immer wieder die Bedingungen des Aufwachsens von Kindern heute, wie wenig kinderfreundlich sie seien. In seinem letzten Buch, wie der Titel schon sagt, geht es um ein Leben, das den menschlichen Bedürfnissen gemäß ist. Irritierend ist an seinen Befunden manchmal, welche Schlüsse er daraus zieht. So hat er wiederholt festgestellt, dass Eltern sich zu wenig Zeit für ihre Kinder nehmen, weil dies so sei, müssten Betreuungseinrichtungen das auffangen. Dabei läge eine ganz andere Antwort nach seinen Forschungsbefunden viel näher. Den Eltern die Möglichkeit zu geben, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Das Arbeitsethos ist in der Schweiz stark ausgeprägt, es gibt nicht einmal eine dem Elterngeld vergleichbare Leistung und der Wiedereintritt in den Beruf nach dem Mutterschutz (nach vier Monaten) ist nicht ungewöhnlich. Im Grunde müsste Largo für ein BGE plädieren, damit Eltern genau das ermöglicht wird und als erwünscht gilt, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen. Doch diesen Schluß zieht er so klar auch in seinem Buch nicht. Im jüngsten Interview klingt das so:

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Es geht auch anders – universalistische Studienfinanzierung in Dänemark

Anders als in Deutschland, wo – laut Artikel bei Spiegel Online – nur 20 % der Studenten in den Genuß von Bafög kommen, hat in Dänemark jeder dänische Student einen Anspruch auf Förderung (nur 85 % nehmen sie in Anspruch), ganz gleich wie das Einkommen der Eltern aussieht. Es handelt sich um ein universalistisches Fördersystem, es ist nicht gruppenspezifisch, fördert also nicht nach bestimmten Merkmalen. Möglich macht dies ein anderes Selbstverständnis der Dänen, eine andere politische Kultur als in Deutschland.

Was hat das mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen zu tun? In Dänemark gibt es das genauso wenig wie hier, aktivierende Sozialpolitik ist auch dort fest verankert, und dennoch ist die Ausgestaltung anders. Dem Individuum wird mehr zugetraut. Es ist diese universalistische Orientierung und eine bestimmte Grundhaltung, die auch für ein BGE notwendig ist. An der Bildungsungleichheit, die auch in Deutschland beklagt wird, hat die Studienförderung dort wenig geändert. Da stellt sich die Frage, ob womöglich am Ziel etwas nicht stimmt.

Sascha Liebermann

Grundeinkommen in Italien? Aber anders als gedacht

Arvid Kaiser berichtet in einem Beitrag für das manager magazin über das Vorhaben, ein Grundeinkommen in Italien einzuführen. Darin heißt es:

„Das wird wohl der anspruchsvollste Versuch eines Grundeinkommens, nachdem Finnland seinen ohnehin bescheidenen Feldversuch wieder abbläst und Indien – ebenso wie Schleswig-Holstein – nie über den Status eines Gedankenspiels hinauskam. Die Fünf-Sterne-Bewegung will den neun Millionen Italienern, die unter 9360 Euro im Jahr verdienen, ein Minimum sichern. Bedingungslos sollen die 780 Euro im Monat für einen Single oder 1950 Euro für eine vierköpfige Familie allerdings nicht ausgezahlt werden. Die Empfänger müssen sich zur Arbeitssuche melden und dürfen höchstens jeden dritten Job ablehnen.“

Es geht also keineswegs um ein Bedingungsloses Grundeinkommen, sondern um ein Mindesteinkommen mit Bedingungen, klingt ganz nach Arbeitslosengeld II.

Sascha Liebermann

Voraussetzungen des Staates, die er selbst nicht garantieren kann…

…das ist der Gegenstand des sogenannten Böckenförde-Diktums. Es geht auf Ausführungen des Verfassungsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde zurück, der sich in einem mittlerweile berühmten Aufsatz mit der Frage befasste, wie sich das Verhältnis des Staates zu den Voraussetzungen seines Existierens darstellt. Im Wortlaut heißt es:

„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat. Die verordnete Staatsideologie ebenso wie die Wiederbelebung aristotelischer Polis-Tradition oder die Proklamierung eines „objektiven Wertsystems“ heben gerade jene Entzweiung auf, aus der sich die staatliche Freiheit konstituiert. Es führt kein Weg über die Schwelle von 1789 zurück, ohne den Staat als Ordnung der Freiheit zu zerstören.“ (Böckenförde, Ernst- Wolfgang (1976): Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, in: Böckenförde, Ernst Wolfgang: Staat, Gesellschaft, Freiheit, Frankfurt: Suhrkamp, S. 60)

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Nürnberger Gespräche: Bedingungsloses Grundeinkommen im Widerstreit

Aus der Ankündigung: „1000 Euro im Monat – einfach so und für jeden. Eine linke Spinnerei oder notwendig angesichts des digitalen Wandels? Diese Frage diskutierten im Rahmen der Nürnberger Gespräche am 7. Mai 2018 Heinrich Alt (ehemaliges Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit), Ronald Blaschke (Mitgründer des Netzwerks Grundeinkommen und Herausgeber mehrerer Bücher zum Thema), Prof. Anke Hassel (Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung) und Georg Schürmann (Geschäftsleiter der Triodos Bank N.V. Deutschland). Nach einer Einführung von Prof. Joachim Möller (IAB) moderierte Gerhard Schröder (Deutschlandradio) die Diskussion. Nürnbergs Stadtkämmerer Harald Riedel hielt das Schlusswort“.

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