„Menschen einen guten angenehmen Lebensstandard zu geben“…

…, das hält Adair Turner, Vorsitzender des Institute for New Economic Thinking (INET) in einem Interview zum Bedingungslosen Grundeinkommen, für wichtiger als mehr Selbstbestimmung. Folgende Passagen sind besonders interessant. In der ersten geht es um Statusgüter:

„In einer Umgebung, in der Statusgüter (wie ein Grundstück in einer bestimmten Gegend) ein extrem wichtiger Teil dessen sind, wie unser individueller Lebensstandard aussieht, sind wir in einer Situation gefangen, in der das Individuum nicht mehr die Option hat, weniger zu arbeiten und mehr Freizeit zu haben. Die Menschen leben innerhalb einer Gesellschaft, in der das kollektive Verhalten bestimmt, welche Optionen dem Individuum zur Verfügung stehen. Wenn jeder Mensch seinen eigenen Weg wählen würde, wären die Auswahlmöglichkeiten auch anders.“

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Pro und Contra Bedingungsloses Grundeinkommen in der taz…

…für die Pro-Seite Daniel Häni, für die Contra-Seite Ulrike Herrmann. Hier geht es zum Beitrag.

Über den Beitrag von Ulrike Herrmann kann man sich nur wundern angesichts differenzierter Finanzierungsüberlegungen (z. B. von Helmut Pelzer und Ute Fischer) jenseits des von ihr gewählten Beispiels. Dass das Sozialbudget nicht einfach umgerechnet werden kann in ein BGE, ist klar. Genauso klar ist aber, dass heute erworbene Ansprüche sehr wohl anteilig durch den Betrag eines BGE gedeckt werden können. Also müsste man niemandem etwas „wegnehmen“, wie Herrmann bemerkt. Gleichwohl stellt sich die Frage, welche Sicherungssysteme wir in Zukunft haben wollen, welche sinnvoll sind, ob es Aufgabe solcher Systeme ist, den Lebensstandard abzusichern. Ein BGE pro Person, das in Haushalten kumulieren würde, eröffnet eine andere Perspektive.

(Siehe „Befreiung durch Bildung oder durch „Machtumverteilung“? – zur Diskussion in der Phoenix-Runde“ und weitere Kommentare zu Ausführungen von Ulrike Herrmann).

Sascha Liebermann

„Vollbeschäftigung“ – wechselnde Definitionen und ein kurzes Phänomen der deutschen Nachkriegsgeschichte

Quelle der Grafik

In der Diskussion über Arbeitslosigkeit in Deutschland ist die Vorstellung einer „Vollbeschäftigung“ wie eine fixe Idee. Das Niveau tolerabler Arbeitslosigkeit, die dann immer noch als Vollbeschäftigung akzeptabel bleibt, ist keine feste Größe. Schaut man auf die nebenstehende Grafik, dann zeigt sich, dass eine außerordentlich niedrige Arbeitslosenquote in der jüngeren deutschen Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg ein Nachkriegsphänomen war, das nur wenige Jahre anhielt. Vergleiche auch die „lange Reihe“ des Statistischen Bundesamtes, das Angaben von 1950 bis 2016 enthält.

Siehe hierzu auch „Ein historischer Trend“ zum Sinken des Arbeitsvolumens in Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts (siehe auch hier). Siehe auch Markus Promberger „Eine kurze Geschichte der Arbeitslosigkeit“ und das Heft „Aus Politik und Zeitgeschichte“ („Vollbeschäftigung?“). Ein anderes Verständnis von Vollbeschäftigung, darum geht es hier.

Kardinal Marx erhält verständnisvolle Unterstützung angesichts der einseitigen Grundeinkommensbefürworter…

…von Ulrich Schäfer in der Süddeutschen Zeitung. In seinem Beitrag „Die Kritik des Kardinals“ springt Schäfer Marx zur Seite und attestiert ihm, dass er zu Recht gegen das Bedingungslose Grundeinkommen sei, denn man dürfe den Menschen nicht signalisieren „Ihr werdet eh nicht mehr gebraucht!“. Doch die Grundeinkommensbefürworter hätten nur die Zeile „das Ende der Demokratie“ gesehen. Nun, stammte diese Zeile denn nicht von der Süddeutschen Zeitung? Und hatte Marx das im Interview etwa nicht gesagt? Und war diese Verknüpfung von Erwerbsarbeit, denn nur um diese ging es, und Demokratie etwa nicht sonderbar?

Schäfer wirft „den“ BGE-Befürwortern folgende Haltung vor:

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Stigmatisierung durch Leistungsbezug, der Grund: der normative Vorrang von Erwerbstätigkeit

Wir haben kürzlich auf einen Beitrag von Helga Spindler über Kinderarmut hingewiesen, in dem es auch darum ging, deutlich zu machen, dass Kinderarmut immer Familienarmut ist und Kinder nicht von der Familie separiert betrachtet werden können. In der Diskussion um eine Kindergrundsicherung bzw. ein Kindergrundeinkommen geschieht das durchaus. Nun hat der Beitrag von Helga Spindler, der auf den Nachdenkseiten veröffentlicht wurde, Kritik auf sich gezogen, Sie finden sie hier.

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„…die dürften dann zuhause bleiben“…

…so leitet der Journalist der Süddeutschen Zeitung den Abschnitt eines Gesprächs mit Kardinal Reinhard Marx ein, der sich mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigt. Voraus geht dieser Äußerung ein Passage, in der es um etwaige Folgen der Digitalisierung geht und um die These, dass diejenigen, die dann ihre Arbeitsplätze verlören und ein BGE bezögen, zuhause bleiben dürften. Darauf reagiert Marx mit der Prognose, dies sei das Ende der Demokratie, wenn es soweit komme. Doch die These des Journalisten ist genauso eine Verkürzung, wie die Reaktion von Marx einen erstaunen kann. Denn, nicht diejenigen, die ihren Arbeitsplatz verlören, könnten zuhause bleiben, im Prinzip könnten das alle – allerdings würde es dann bald kein BGE mehr geben. Alleine die Vorstellung davon, dass, nur weil jemand keinen Arbeitsplatz habe, er dann „zuhause“ bleibe und dass offenbar „zuhause“ nicht der Ort von Tätigkeit oder nur minderwertiger Tätigkeit sein kann, ist bemerkenswert.

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