Stilllegungsprämie – da weiß man, mit wem man es zu tun hat

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen als „Stilllegungs-“ bzw. „Stillhalteprämie“? Laut Pressemeldungen soll Bundesministerin Andrea Nahles in einem Interview mit dem Handelsblatt das BGE als eine solche bezeichnet haben. Damit befindet sie sich in guter Gesellschaft, handelt es sich dabei um einen der häufig vorgebrachten Einwände. Doch alleine der Ausdruck „Stilllegung“ spricht Bände. Zwar handelt es sich um eine Übertragung aus einem anderen Zusammenhang – eine Maschine oder einen Betrieb kann man stilllegen – , doch genau das ist der Haken. Menschen, oder genauer: die Bürger eines Landes, um die es hierbei vor allem geht, sind keine Maschine, sie können nicht abgeschaltet werden, auch nicht im übertragenen Sinne. Sie sind autonom und treffen Entscheidungen. Wer nun aufgrund eines BGE seine Autonomie aufgeben würde, legte allenfalls sich selbst still, aber als Resultat einer Entscheidung. Sie ist jederzeit revidierbar.

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Über Mündigkeitsüberprüfungsexperimente und die Grenzen von Wissenschaft…

…schreibt Philip Kovce in der Süddeutschen Zeitung unter dem Titel „Experimente täuschen“. Dass die Aussagekraft solcher Experimente überschätzt wird, ist die eine Seite, die andere ist, was sie praktisch bedeuten würden. Denn es würden nicht nur die vermeintlichen Auswirkungen eines BGE simuliert, es würde etwas getestet, das nicht in der Zukunft, sondern in Vergangenheit und Gegenwart schon tragende Säule eines demokratischen Gemeinwesens ist: die Autonomie der Praxis, die Mündigkeit der Bürger, und damit eine der Voraussetzungen, auf denen demokratisch verfasste Gemeinwesen heute schon ruhen. Feldexperimente zu diesem Zweck wären also letztlich Mündigkeitsüberprüfungsexperimente und genau aus diesem Grund undemokratisch. Zum Ausdruck brächten sie das Misstrauen gegen etwas, auf dessen Basis wir längst leben. Siehe dazu frühere Kommentare von meiner Seite hier.

Sascha Liebermann

Saudi Arabien als mahnendes Beispiel für die Folgen eines Bedingungslosen Grundeinkommens…

…ein wirklich beeindruckendes Statement von Kanzleramtsminister Peter Altmaier zum Bedingungslosen Grundeinkommen in der ARD-Sendung „Frag‘ selbst“ (ab Minute 16:05). Erst kürzlich hatte er das BGE als Wolkenkuckucksheim bezeichnet, die neuerliche Einlassung ist viel präziser. Auf die Frage, ob denn in der CDU das BGE diskutiert werde, antwortete er, ja, das sei geschehen schon vor Jahren (vermutlich meint er hier das Solidarische Bürgergeld von Dieter Althaus, siehe hier und hier). Er persönlich sei vom BGE nicht überzeugt, weil ihm ein saudischer Politiker – dort gebe es angeblich ein solches BGE, wie es in Deutschland diskutiert wird – erzählt habe, dass es häufig dazu führe, dass Menschen darauf verzichten, ihre Fähigkeiten zu entwickeln. – Bitte? Wo gibt es das und womit wird Deutschland verglichen? Hat der Kanzleramtsminister womöglich kurzzeitig vergessen, dass wir eine demokratische Grundordnung haben, in der Artikel 20 (2) bestimmt, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgehe? Dass unsere politische Ordnung von Eigeninitiative und Selbstbestimmung des Bürgers ausgeht und sie fraglos voraussetzt, dies genau die Grundlage unserer Demokratie ist? Von wem geht sie denn in Saudi Arabien, einer absoluten Monarchie, aus? Vom König. Wenn es dort irgendetwas geben sollte, das oberflächlich einem BGE gleichen sollte, bliebe es ein Almosen des Königs. Es soll nicht verschwiegen werden, dass Altmaier dann noch manche Landesregierung erwähnt, die sich darüber Gedanken mache, was denn möglich sei. Alles klar? Deutschland, Deine Bürger, Untertanen.

Sascha Liebermann

„Reich gegen arm“ – Deutsche Welle berichtet über Bedingungsloses Grundeinkommen…

…wenn auch nur in dieser Passage:

„Zu den Lösungsvorschlägen für die wachsende Ungleichheit in Deutschland gehört die Forderung nach der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Harald Schröder ist von der Idee vollkommen überzeugt. Der 61-Jährige arbeitet für die Innere Mission Bremen als Seelsorger mit Menschen, die in Armut leben. Er nennt sie „Gäste“, denn sie kommen auch schon mal zu ihm in die Bahnhofsmission des Hauptbahnhofs. Viele seiner „Gäste“ mieden aus Scham den Gang zu den Behörden. Das Jobcenter wiederum habe in einigen harten Fällen Hausverbot erteilt. Schröder unterstützt die Forderung nach einem Grundeinkommen, weil „sie aus Alimentierten wieder gleichberechtigte Bürger macht“.

Recht hat Harald Schröder, auch wenn es heute weniger die Rechtslage ist, die hemmend wirkt als die Konstruktionsprinzipien unseres Sozialstaats.

Sascha Liebermann

„Wolkenkuckucksheime wie das Bedingungslose Grundeinkommen“…

…kommen in einem Gespräch zwischen Peter Altmaier, Thea Dorn und Thomas Ostermeier in der Wirtschaftswoche zur Sprache. Es ist nur ein kurzer Abschnitt, aber immerhin. Peter Altmaier, Kanzleramtsminister, reagiert auf eine Äußerung zuvor:

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„Die Bürger sind doch keine Mäuse, an denen man wie im Labor etwas ausprobiert“…

…so Norbert Blüm in einem Interview mit Business Insider über das Bedingungslose Grundeinkommen. Das Zitat trifft den Nagel auf den Kopf, bezieht sich allerdings nur auf Feldexperimente zum BGE. Seine weiteren Ausführungen waren eher zu erwarten, wenn man seinen Beitrag aus dem Jahr 2007 zum „Wahnsinn mit Methode“ kennt.

Schon der Beginn ist vielsagend:

„Die Bürger sind doch keine Mäuse, an denen man wie im Labor etwas ausprobiert“… weiterlesen

„Die Starre vor dem Fall. Wie ein junger Mensch vom Jobcenter unter das Existenzminimum gedrückt wird – und wie er aus dem System fällt“…

…eine Reportage von Timo Stukenberg auf der Website CORRECT!V.

Angesichts dessen, dass die Praxis der Arbeitsagenturen und Jobcenter nach wie vor von „Jubelberichten über den Arbeitsmarkt“ (siehe auch hier) überstrahlt werden, kann nicht oft genug daran erinnert werden, wie wir heute mit denjenigen umgehen, die im Leistungsbezug sind. Und nicht nur mit denjenigen, denn die Gesetzgebung gilt für alle, sie ist also ein Zeichen dafür, wie wir als Gemeinwesen zu den anderen und uns selbst stehen.

Zur Wirkung von Sanktionen siehe hier und hier.

Sternstunde Philosophie: Remo Largo – Welches Leben passt zu mir?

Im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (siehe auch hier) wird das Bedingungslose Grundeinkommen von Remo Largo vor allem der Digitalisierung und ihrer etwaigen Folgen wegen befüwortet. Das ist etwas überraschend, diagnostiziert Largo darin selbst als gravierendes Problem der Gegenwart, dass wir Beziehungen zu wenig Raum geben. Sternstunde Philosophie: Remo Largo – Welches Leben passt zu mir? weiterlesen