Erster Arbeitsmarkt statt dauerhafter Beschäftigungstherapie?

Das ist die Alternative, die Ursula Weidenfeld in ihrem Beitrag für den Tagesspiegel zum „solidarischen Grundeinkommen“ aufmacht, das in Berlin einer Umsetzung näherrückt. Stefan Sell wies schon im Frühjahr auf „Hoffnungen und Illusionen“ in diesem Zusammenhang hin, dass es ein besonderer Personenkreis sei, der von solchen Maßnahmen profitiere und für den es keine anderen Chancen gebe. Weidenfeld schreibt hingegen:

„Viele schlecht qualifizierte Langzeitarbeitslose brauchen eine individuellere und intensivere Betreuung. Bekommen sie die in einer Beschäftigungsgesellschaft, in der es nicht einmal mehr den Anspruch gibt, sie für den richtigen Arbeitsmarkt zu qualifizieren? Profitieren Menschen tatsächlich von einer dauerhaften Beschäftigungstherapie?“

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„Die kantianische Ethik im Bedingungslosen Grundeinkommen“…

…ein philosophischer Blick auf das BGE von Michael Sienhold auf Philosophie.ch. Sienhold betreibt auch den Twitter Account BGE Eisenach.

Vor zwei Jahren gab es auf der Internetpräsenz Philosohie.ch eine ganze Reihe von Beiträgen zum Bedingungslosen Grundeinkommen, auch einen von Sascha Liebermann.

Selbstblockade oder Befreiung?

Dieser Tweet ist nicht mehr ganz neu, in seiner Bedeutung aber aktuell. Ist es denn heute so, dass wir „immaterielle Werte“ gar nicht schätzen? Eine solche These ist schnell aufgestellt. Ist die Sorge nicht verkehrt herum gedacht? Wenn es überhaupt zu einer Einführung eines BGE kommen können soll, dann setzt dies doch voraus, mit der heutigen Vorstellung von Leistung = Erwerbstätigkeit und der Nachrangigkeit von allgemeinen Einkommenssicherungsleistungen zuerst einmal brechen, wenigstens sich aber von ihnen distanzieren zu müssen. Wenn dieser Schritt gemacht ist, ist auch anderes möglich. Sich diese Möglichkeit abzusprechen läuft auf Selbstblockade hinaus. Die Vorstellung Lebensweisen seien hermetisch dicht gegen Veränderungen tragen dazu bei.

Sascha Liebermann

Nach der Volksinitiative ist vor der Volksinitiative (ist Rheinau)?

So – ohne den Einschub in Klammern – formulierten es zumindest manche Befürworter der Eidgenössischen Volksintiative „Für ein Bedingungsloses Grundeinkommen“ (siehe auch hier) in der Schweiz nach der Volksabstimmung am 5. Juni 2016. Ist das bloß Selbstcharismatisierung oder eine realistische Einschätzung? Grundsätzlich gilt für jede demokratisch legitimierte Entscheidung, dass nach ihrem Zustandekommen diejenigen, die mit ihr nicht zufrieden sind, sich erneut für die von ihnen favorisierte Alternative einsetzen können. Das ist trivial. Einen anderen Sinn könnte man dem abgewinnen, wenn beachtet wird, wie die Abstimmung über die Volksinitiative auf Kantonsebene 2016 ausfiel. Dann zeigt sich, dass von insgesamt 27 Kantonen in 20 mit über 30 Prozent für die Volksinitiative gestimmt wurde. Zwei von diesen 20 votierten sogar mit über 40 Prozent dafür. Nun werden die einen sagen, dennoch ist sie abgelehnt worden, das ist richtig. Richtig ist allerdings ebenso, dass eine Zustimmung von 30 Prozent und mehr nicht mehr als Ausrutscher verbucht werden kann und sich die Frage stellt, wie die starke Zustimmung zu verstehen ist und was daraus folgen könnte.

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„Der beste Schutz vor Armut ist Arbeit“…

…so Arndt Kirchhoff, Präsident von Unternehmer NRW und Metall NRW, in einem Interview mit der Rheinischen Post:

In NRW ist das Risiko, in Armut abzurutschen, auf ein Rekordniveau geklettert. Da läuft doch was falsch.
Kirchhoff: Der beste Schutz vor Armut ist Arbeit. Deshalb sollten wir unsere sozialen Sicherungssysteme hinterfragen. Ein Hartz-IV-Empfänger mit zwei Kindern bekommt Netto nicht viel weniger als ein Beamter auf der untersten Stufe.“

Diese Äußerung spricht dem Umstand Hohn, dass es zahlreiche Aufstocker gibt, die gerade mit ihrer Erwerbstätigkeit kein auskömmliches Einkommen erzielen. Eine solche Platitüde zu äußern ist angesichts der Lage nicht nur befremdlich, sie ist weltfremd (siehe dazu hier). Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die Vorstellung, erwerbstätig werde jemand nur, wenn es sich lohnt, ebenfalls empirisch nicht haltbar ist (zur Armutsfalle siehe hier). Zur Debatte darüber, was Hartz IV-Bezieher tatsächlich erhalten, siehe folgende Grafik und die Ausführungen von Johannes Steffen:

Wie geht es im Interview weiter?

„Was schlagen Sie stattdessen vor?
Kirchhoff: Wir müssen stärkere Anreize zur Aufnahme einer Arbeit schaffen. Man könnte darüber nachdenken, Menschen zu Beginn der Arbeitslosigkeit sogar mehr zu zahlen als heute, die Zuwendungen dann aber relativ zügig abzuschmelzen. Hier empfehle ich, dass wir uns das dänische Modell des „Förderns und Forderns“ mal genauer ansehen. Für Härtefälle müsste es natürlich eine andere Lösung geben. Auch das gehört zur sozialen Marktwirtschaft.
Zur Wahrheit gehört auch, dass der Betrag in Ihrem Hartz-IV-Rechen-Beispiel wegen der Kinder so hoch ist.
Kirchhoff: Ich will, dass das Geld auch tatsächlich den Kindern zugutekommt. Deshalb bin ich für Bildungsgutscheine. Das ist übrigens auch ein Instrument, dass wir im Asylbereich anwenden sollten.“

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„Wie das Grundeinkommen die Menschen für die Digitalisierung wappnet“…

…das ist Meera Zarembas Replik auf den Beitrag von Ralf Stegner auf vorwärts, auf den wir schon hingewiesen haben. Siehe auch den polemisch zuspitzenden Vortrag von ihr über die „Arbeitsgesellschaft“ hier.

Zaremba schreibt in einer Passage ihres Beitrags:

„Die Arbeitsmotivation sinkt übrigens nicht, wenn Menschen Grundeinkommen erhalten. Im Gegenteil. Noch nie hätten sie so viel gearbeitet und seien dabei so wenig gestresst gewesen, berichten viele der Teilnehmer. Andere Experimente, z.B. aus den USA und Kanada, kommen zu ähnlichen Ergebnissen.“

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