Wertschöpfung oder Beschäftigung?…

…Arfst Wagner weist auf etwas hin, das selbstverständlich sein müsste. In der Geschichte der Herstellung von Gütern und Dienstleistungen ist zumindest für Deutschland anhand des Arbeitsvolumens pro Kopf der Bevölkerung, wie Gerhard Schildt es zu ermitteln versucht hat, gut zu erkennen, dass der Zeitaufwand für die Herstellung der in Anspruch genommenen Güter und Dienstleistungen in Deutschland sehr stark gesunken ist seit 1880 (siehe auch „Geht der Gesellschaft die Arbeit aus?“). Das könnte man als Bestätigung dafür lesen, wofür der Verweis auf Götz W. Werners Äußerung hier steht (siehe dazu auch hier, hier und hier). Stattdessen wird Erwerbsarbeit nicht an diesem Ziel gemessen, sondern mit einem sozialfürsorgerischen Auftrag verbunden: „Beschäftigung“ muss geschaffen werden, sei es als Selbstzweck, sei es als „Integrations“-Maßnahme“. Es geht eben gar nicht vorrangig um Leistung und Rückgewinnung von Lebenszeit, wie es scheint, sondern um eine pädagogisierende oder paternalistische Versorgung mit Aufgaben und „Teilhabe“ (passiv), statt Möglichkeiten der Selbstbestimmung, des Teilnehmens zu stärken, dann würde man sehen, was der Einzelne als wichtig und richtig erachtete.

Sascha Liebermann

Eine Verwechslung,…

… denn nirgendwo ist der Einzelne so austauschbar wie in der Erwerbsarbeit. Im Gemeinwesen hingegen ist er es als Bürger nicht. Die einzige Integration, die in Erwerbstätigkeit möglich ist, ist die in ein Leistungsethos, das aber aufgabenbezogen und nicht an die Person gebunden ist. Das zu verwechseln eröffnet eine weitreichende Einsicht in Honneths Demokratieverständnis. Siehe auch hier.

Sascha Liebermann

Ist das nicht eher heute ein Problem?

Ein BGE ist keine gruppenspezifische Leistung, alle sollen es erhalten. Es würde mit der Mär aufräumen, die einen „buckeln“, die anderen tun nichts. Dabei nehmen alle Leistungen in Anspruch, die sie selbst nicht erbringen können, wenn sie „buckeln“, die sogenannte unbezahlte Arbeit. Damit haben wir heute offenbar kein Problem. Und was erhalten diejenigen, die diese Arbeit übernehmen? Die Quittung in Gestalt ihrer Rente (siehe Altersarmut bei Frauen).

Sascha Liebermann

„Die Mär von den Leistungsträgern“…

…darüber schreibt Stephan Kaufmann auf der Website des Deutschlandfunkkultur und will die Mär entzaubern, dass Leistung und Einkommen miteinander zusammenhängen bzw. solche Zusammenhänge auf einfache Weise hergestellt werden könnten. Dabei geht er verschiedene Begründungen dafür durch, weshalb  es den Zusammenhang geben solle und zeigt auf, warum das unplausibel ist, weil weder ein direkter Zusammenhang erkennbar sei, noch Leistung individuell zugerechnet werden könne (wie z. B. schon Emile Durkheim und später Claus Offe deutlich machten). Auch wenn diese Überlegungen nichts Neues zutage fördern, so ist es doch wichtig, darauf immer wieder hinzuweisen, wenn in keiner Debatte der Hinweis auf den „mit eigener Hände Arbeit“ verdienten Lohn der „hart arbeitenden Menschen“ fehlen darf. Keineswegs sollte das nun dazu verleiten, jegliche Form davon, etwas hervorgebracht oder eben geleistet zu haben, als abwegig abzutun, doch gilt es zu relativieren, worin nun der Beitrag des Einzelnen besteht.

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„Erben“ ist tatsächlich keine Leistung, der Erbe empfängt – ein Erbe aufzubauen ist eine Leistung, aber auch nicht des Erblassers alleine,…

…ein BGE trägt dem genau Rechnung, dass jeder Erblasser auf den Schultern anderer steht, jeder Erbe ebenso und das ohnehin für alle gilt. Leistung muss nur weiter gefasst und im Zusammenhang mit ihren Voraussetzungen betrachtet werden. Wenn das schon Sozialismus wäre, dann stellt sich die Frage, was denn die realexistierenden sozialistischen Staaten waren.

Sascha Liebermann

Leistungsträgermissverständnis – welche Leistung? Die Leistung der einen bedarf immer der Leistung der anderen…

…denn erwerbstätig sein kann nur, wenn ein anderer den Haushalt und die Fürsorge für Kinder oder auch Angehörige übernimmt. Wenn das außerhalb von Güter- und Dienstleistungsmärkten möglich sein soll, muss es durch Einkommen ermöglicht werden. Wer also ein Leben schützen und aufrechterhalten will, indem die Personen um ihrer selbst willen im Zentrum stehen, der muss eine Einkommenssicherung jenseits von „Arbeitsmärkten“ vorsehen.

Genau das ist es, worauf eine Demokratie, wie wir sie kennen, zielt, die Existenz als solche abzusichern, und zwar weil die Bürger als Bürger zum Gemeinwesen gehören. Das BGE vollzieht hier lediglich den entscheidenden Schritt, in dem es genau diese Absicherung aus dem Zusammenhang von Erwerbsverhältnissen löst. Und hier gilt: Leistung zählt nicht, der Bürgerstatus ist davon unabhängig.

Sascha Liebermann

„Das teure Nest“ – Elisabeth von Thadden über Ungleichheit, den Mythos der Leistungsgesellschaft – und die Alternative?

In ihrem Beitrag auf Zeit Online wirft Elisabeth von Thadden wichtige Fragen auf und blickt auf gegenwärtige Schieflagen in der Vermögensverteilung. Diese entlarven den Mythos von der Leistungsgesellschaft, den von Thadden allerdings recht eng fasst. In dieser Form der Erzielung von Einkommen und der Bildung von Vermögen war er ohnehin nie gegeben, denn die Leistung, die zu Einkommen führen kann, entsteht nicht im luftleeren Raum, sie hat vielerlei Voraussetzungen, von denen Arbeitsbedingungen und Löhne nur wenige sind. Um überhaupt leistungsfähig in diesem engen Sinne zu werden, bedarf es anderer Leistungen im Sinne einer sorgsamen Zuwendung und Anerkennung des Individuums, wie sie zuallererst in der Familie erfahren wird. Im Zuge der Sozialisation gehen Bildungsprozesse, die durch die familiale Dynamik initiiert und getragen werden, anderen Leistungen voraus und ermöglichen sie erst. Schon hier also bedarf es einer Korrektur am enggeführten Leistungsverständnis. Aber selbst wenn man ein Leistungsverständnis im engen Sinne betrachtet, wird deutlich, dass auch hier allerlei Illusionen im Spiel sind, denn arbeitsteilige Prozesse der Erzeugung und Bereitstellung standardisierter Güter machen es unmöglich, Leistungsergebnisse individuell zuzurechnen. Das ist der Grund dafür, weshalb Löhne willkürliche Vereinbarungen im Rahmen des Verteilbaren darstellen. Insofern also ist die Vorstellung, Leistung gehe vor allem und alleine auf individuelle Anstrengungen und Erfolge zurück, stets eine Illusion gewesen. Das soll nicht die Bedeutung der Leistungsbereitschaft des Einzelnen schmälern, aber ohne sie im weiteren Zusammenhang zu sehen, führt sie zu Verklärung. Hier ein Zitat aus dem Beitrag von Thaddens:

„Wenn es sich für die junge Generation bis auf ein paar finanzmutige Glückspilze nicht mehr lohnt, zu arbeiten (zumal für Ostdeutsche, denen nach 1989 die Immobilien von Westdeutschen, unterstützt durch staatliche Steuergeschenke, weggekauft wurden und die also deutlich weniger erben, wie es auch die Kinder aus Zuwandererfamilien tun), dann wird das Versprechen von demokratischen Leistungsgesellschaften zur Chimäre. Dann macht sich ein Gefühl von Ohnmacht breit.

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Ohne Rücksicht auf sachfremde Kriterien – BGE fördert sachlich erforderte Enscheidungen