Erwerbsbeteiligung Alleinerziehender nicht rückläufig und Reaktionen auf die „Anreiz“-Keule…

…, gut, dass hier gegen anscheinend unhaltbare Behauptungen entsprechende Daten genutzt werden. Drastischer fällt die Stellungnahme aus, die sich gegen die Verunglimpfung Alleinerziehender wendet. Dabei geht es um diese Äußerung:

„Wir wollen einerseits die materielle Situation Alleinerziehender verbessern, aber andererseits nicht zusätzliche Anreize geben, sich nicht um Arbeit zu bemühen. Es ist ja eine beklagenswerte Tatsache, dass die Erwerbsbeteiligung von Alleinerziehenden im vergangenen Jahrzehnt trotz des Ausbaus der Kinderbetreuungsstruktur zurückgegangen ist. Also weniger Erwerbsbeteiligung bei Alleinerziehenden während des vergangenen Jahrzehnts. Da dürfen wir kein Signal setzen, dass das verfestigt.“

Der Finanzminister bleibt sich damit treu, wenn man das so sagen kann. Zu „Anreizen“ siehe hier.

Sascha Liebermann

Zaghafte Schritte: Kindergrundsicherung ohne Eltern,…

…daran hat sich in der Ausarbeitung nichts geändert, die die Bundesministerin Lisa Paus im Interview mit der tagessschau erkennen lässt. Vieles ist noch zu entscheiden, was die Ausgestaltung betrifft, das wird im Gespräch deutlich. Worin sieht die Ministerin die Veränderung durch eine Kindergrundsicherung?

„Paus: Der Paradigmenwechsel besteht darin, dass wir eine strukturell verfestigtete Kinderarmut in Deutschland systematisch angehen. Erstens durch die finanziellen Leistungen, zweitens durch die Bündelung der vielen Leistungen, bei denen selbst Expertinnen und Experten nicht mehr durchblicken, und drittens durch eine neue Servicepflicht des Staates.“

Das spricht für mehr Übersichtlichkeit und ist zu begrüßen, aber zugleich gilt doch: Kinderarmut ist Einkommensarmut der Eltern, will man das eine nicht, kann man das andere nicht lassen – sie gehören zusammen.

Weiter heißt es:

„Viele Familien wissen nicht, auf welche Sozialleistungen sie Anspruch haben. Wir wollen künftig alle Familien erreichen, die einen Anspruch haben. Heute nehmen bis zu 70 Prozent aller Familien, die einen Anspruch auf Leistungen haben, diesen nicht wahr. Wir wollen aus der Holschuld der Bürgerinnen und Bürger künftig eine Servicepflicht des Staates machen. Darin liegt ein großer Hebel. Dafür werden wir ein digitales Kindergrundsicherungsportal und den „Kindergrundsicherung Check“ schaffen.“

Das ist in der Tat skandalös und bestätigt die Ziel-Ungenauigkeit des bestehenden Sozialstaats. Doch auch hier gilt sie nur für die Kinder, für die Eltern kann er zielungenau bleiben.

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„‚Aufstocker‘ im Hartz IV-System. Darunter sind überdurchschnittlich viele Alleinerziehende (mit ihren Kindern)“…

…ein Überblick von Stefan Sell über die jüngst von der Bertelsmann Stiftung veröffentlichten Studien und etwaigen Lösungsvorschlägen. Zu deren Folgen findet sich in dem Beitrag nichts, auch dazu nicht, dass diese Vorschläge widersprüchlich sind, wenn sie auf der einen Seite eine größere Wertschätzung von „Care-Arbeit“ für nötig halten, auf der anderen aber dafür plädieren, dass am Ende weniger Zeit für diese übrig bleibt, wenn die Lösung in mehr Erwerbsbeteiligung Alleinerziehender gesehen wird.

Siehe meinen Kommentar zur Bertelsmann-Studie hier.

Sascha Liebermann

„Die Altersarmut kommt“ – und immer dieselben Empfehlungen…

…um dieser Entwicklung zu begegnen, das ist der Fall in Alexander Hagelükens Beitrag in der Süddeutschen Zeitung (siehe auch den Kommentar dazu auf den Nachdenkseiten). Als Gegenmaßnahme wird zu Beginn der Vorschlag einer Grundrente zitiert, der allerdings nur Personen mit 35 Beitragsjahren zustehen soll, also nur wenige erreicht. Die anderen hätten das nachsehen. Hagelüken kommt auch auf „verdeckte Armut“ zu sprechen, in der auch das Phänomen nicht in Anspruch genommener Leistungen zum Ausdruck kommt, weil Betroffene der Stigmatisierung ausweichen. Und dann? Zum Schluss dann die üblichen Empfehlungen:

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„Es geht darum, dass möglichst viele aus der Grundsicherung herauskommen“…

…ein Interview mit Kerstin Tack, Sprecherin für Arbeit und Soziales der SPD-Bundestagsfraktion, auf Telepolis.

Drei Passagen zeigen, wohin die Reise sozialpolitisch gehen soll:

„Kerstin Tack: Eins ist doch klar: All diese Kinder leben in Armut, weil ihre Eltern arm sind. Deshalb kommen wir nicht darum herum, uns der Situation im Ganzen zu stellen. Einzelne Maßnahmen sind hilfreich, lösen aber nicht das Grundproblem. Es geht darum, dass möglichst viele aus der Grundsicherung herauskommen.“

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Prechts Widersprüchlichkeiten

Hier das ganze Gespräch in der ARD.

Richard David Precht hat die Kritik an seinem Vorschlag, das BGE erst ab dem 18. bzw. 21. Lebensjahr zu gewähren, die in einem Gespräch mit Christoph Butterwegge geäußert wurde (siehe hier), offenbar nicht aufgegriffen. Wenn er hier an einer Stelle sagt, dass Eltern mit einem BGE mehr Zeit hätten, sich um Familie zu kümmern, vergißt er Alleinerziehende. Denn sie stünden – je mehr Kinder vom BGE der Eltern zu leben hätten, desto schlechter da – und müssten erwerbstätig sein, weil Precht das Kindergeld abschaffen will. Wie das Schaubild unten zeigt, gilt die Schlechterstellung zwar nicht für Alleinerziehende mit einem Kind, aber schon ab dem zweiten Kind würde die finanzielle Lage schlechter sein als heute.

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„Zwei von drei Müttern sind in Teilzeit beschäftigt“…

…eine unscheinbare Meldung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die gemeinhin wieder so gedeutet werden wird, dass endlich die Erwerbsmöglichkeiten für Mütter durch ein angemessenes Betreuungsangebot für Kinder verbessert werden sollen, um dem „Problem“ entgegenzutreten. So könne dann mehr Vollzeit erreicht werden.

Wer braucht auch schon „Zeit für Familie“, wie der Achte Familienbericht (2012) einst übertitelt war, der seinem Inhalt nach in vielerlei Hinsicht, vor allem in den Empfehlungen, auf „Weniger Zeit für Familie“ (siehe auch hier und hier) hinauslief. Wer die Familie für das fünfte Rad am Wagen, wer sie für überflüssig wie einen Kropf hält, der soll das doch einfach sagen, statt die immer stärkere Orientierung am Arbeitsmarkt hinter Emanzipationsfloskeln („Vereinbarkeit von Familie und Beruf“) zu verbergen.

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„Alleinerziehende im Spiegel der Statistik“…

…ein Beitrag von Stefan Sell, der wieder einmal die Armutsgefährdung deutlich macht, die für diese Gruppe gilt. Es ist immer wieder überraschend, dass Sell angesichts solcher Befunde das Bedingungslose Grundeinkommen nicht ernsthaft in Betracht zieht. In der Diskussion wird früher oder später stets als Lösung präsentiert, was eher als Problem betrachtet werden muss: die Steigerung der Erwerbstätigkeit. Damit verbleibt Alleinerziehenden noch weniger Zeit für Familie, das scheinen viele allerdings gut zufinden oder es ist ein blinder Fleck, der dazu führt, dies nicht zu sehen. Siehe frühere Beiträge von uns dazu hier.

Sascha Liebermann

„Alleinerziehende in Deutschland – Wenn die Armut droht“…

…ein Beitrag dazu im Deutschlandfunk. Die gegenwärtigen Systeme sozialer Sicherung sehen hierzu nur stigmatisierende Lösungen vor, das ist die Folge, wenn Erwerbstätigkeit der normative Vorrang gilt. Mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen würden andere Möglichkeiten geschaffen, die nicht Familie Erwerbstätigkeit nachordnen, sondern ihr ihren eigenen Raum geben würde, ohne sie als Anhängsel des Arbeitsmarktes zu behandeln. Denn bislang wird als bestes Mittel gegen Armut Erwerbstätigkeit gesehen. Dann haben insbesondere Alleinerziehende aber kaum mehr Zeit für Familie.

Siehe unsere früheren Beiträge zu diesem Thema.

Sascha Liebermann