…ein Beitrag der Redaktion des OXI-Blogs anlässlich der Anhörung zu Sanktionen im Arbeitslosengeld II und Leistungseinschränkungen bei der Sozialhilfe im Deutschen Bundestag am 4. Juni. Darin sind sowohl die Anträge verknüpft, die zur Anhörung geführt haben, als auch die Stellungnahmen der geladenen Sachverständigen. Siehe auch hier. Hier geht es zur Website des Ausschusses für Arbeit und Soziales.
Kategorie: Sanktionen
„Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV? Öffentliche Anhörung im Bundestag“…
…am 4. Juni, darauf weist das Netzwerk Grundeinkommen hin und legt zugleich eine Stellungnahme zur Anhörung vor. Die Liste der Sachverständigen verspricht nicht gerade eine differenzierte Anhörung, es sei denn der DGB bezieht sich auf seine kritische Stellungnahme, von der er nicht wollte, dass sie an die Öffentlichkeit gelangt. Siehe auch die Befunde des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie unsere Kommentare zu Sanktionen im Sozialgesetzbuch.
„Holt die Leute raus!“…
…ein Beitrag von Wolfgang Strengmann-Kuhn in derFreitag, in dem zwar nicht für ein Bedingungsloses Grundeinkommen argumentiert wird, aber für eine Verbesserung im bestehenden System mit Garantieelementen. Es geht darin auch um die Abschaffung der Sanktionen (siehe dazu hier) und das sogenannte Lohnabstandsgebot, das letztlich auf das Theorem der Armutsfalle zurückgeht (siehe dazu hier).
„Wie sinnvoll sind Sanktionen?“…
…ein Beitrag auf tagesschau.de von Dominik Lauck. Siehe unsere Beiträge zu Sanktionen im Sozialgesetzbuch. Forschungsergebnisse über Auswirkungen von Sanktionen finden Sie hier.
„Paritätischer fordert vollständige Abschaffung der Sanktionen in Hartz IV“…
…starke Worte sind das, was aber wird genau gefordert?
„Eine vollständige Abschaffung der Sanktionen in Hartz IV fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband anlässlich der heute von der Bundesagentur für Arbeit vorgestellten Statistik. Notwendig sei eine komplette Neuausrichtung der Grundsicherung. Der Verband kündigt an, innerhalb der kommenden zwei Wochen ein eigenes Konzept zur Reform von Hartz IV vorzulegen…“
Da kann man gespannt sein, wie das gehen soll, denn die Sanktionen rechtfertigen sich vor dem Hintergrund dessen, dass das Arbeitslosengeld II nicht als dauerhafte Alimentierungsleistung konstruiert ist und die Verpflichtung besteht, Erwerbsarbeit aufzunehmen. Helga Spindler (siehe auch hier), die Hartz IV ebenfalls kritisiert, hat eingräumt, dass auf Sanktionen nicht ganz verzichtet werden kann; Christoph Butterwegge hat dasselbe zu erkennen gegeben, auch wenn er es selten ausspricht. Wer also ernst machen wollte mit der Aufhebung von Sanktionen, muss das Ziel der bedarfsgeprüften Leistungen verändern: nicht Rückführung in Erwerbstätigkeit stünde dann im Zentrum, sondern Stärkung von Autonomie. Das geht nur ohne das Erwerbsgebot.
„Paritätischer fordert vollständige Abschaffung der Sanktionen in Hartz IV“… weiterlesen
„Nur ein ganz geringer Teil wird überhaupt sanktioniert“…
…so Detlef Scheele, Vorsitzender der Bundesagentur für Arbeit, über Sanktionen für Arbeitslosengeld II-Bezieher, zitiert nach der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:
„Die Zahl der Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger ist im vergangenen Jahr leicht auf knapp 953.000 gestiegen. Das waren rund 13.700 mehr als im Vorjahr, wie die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch in Nürnberg mitteilte. Die Sanktionsquote – also das Verhältnis von verhängten Sanktionen zu allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten – lag unverändert bei 3,1 Prozent. „Die allermeisten Leistungsberechtigten halten sich an die gesetzlichen Spielregeln. Nur ein ganz geringer Teil wird überhaupt sanktioniert“, sagte dazu BA-Chef Detlef Scheele.
Mit 77 Prozent entfällt zudem ein Großteil der Sanktionen auf Meldeversäumnisse – wenn also beispielsweise jemand einen Termin beim Jobcenter ohne Angaben eines wichtigen Grundes nicht wahrnimmt. 2017 mussten die Jobcenter bei 733.800 Menschen deswegen die Regelleistung um zehn Prozent absenken. „Drei von vier Sanktionen entstehen schlicht deshalb, weil vereinbarte Termine im Jobcenter gar nicht erst wahrgenommen werden“, sagte Scheele. Deshalb böten die Jobcenter einen Termin-Erinnerungsservice per SMS an.“
An den Vorurteilen gegenüber den Leistungsberechtigten wird das wohl wenig ändern, siehe auch hier, hier und hier. Hat nicht kürzlich noch Rainer Hank, Redakteur der FAZ, behauptet, der Anreiz sei hoch, sich einzurichten im Arbeitslosengeld II?
Sascha Liebermann
„Tacheles Sachstandsanfrage an das Bundesverfassungsgericht zum Sanktionsvorlageverfahren“…
„Im Grunde ein 1-Euro-Job“ – stattdessen eine „sanktionsfreie Grundsicherung“?
Darüber schreiben Sven Lehmann und Lisa Paus (Bündnis 90/ Die Grünen) in der taz und nehmen den Vorschlag eines solidarischen Grundeinkommens auf’s Korn. Ebenso kritisch schreibt Arno Widmann „Trickserei und Dummheit der SPD“ in der Frankfurter Rundschau. Selbst bekannte Nachrichtensendungen wie die Tagesschau berichten differenziert über den Vorschlag und seine irreführende Bezeichnung.
Was schreiben Lehmann und Paus?
„Da schau an: Auch innerhalb der SPD mehren sich die Stimmen, dass wir Hartz IV überwinden und durch ein neues System der sozialen Sicherung ersetzen müssen. Das begrüßen wir Grüne sehr. Und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, hat auch ein Modell eingespeist: das „solidarische Grundeinkommen“.“
„Im Grunde ein 1-Euro-Job“ – stattdessen eine „sanktionsfreie Grundsicherung“? weiterlesen
„Die Welt der Regelbedarfe sollte für niemanden ein Zuhause werden“…
…dieses Zitat stammt aus einem treffenden Kommentar zur Hartz IV-Diskussion auf der Website des Satire-Magazins titanic. Der Originalbeitrag von Henrike Roßbach in der Süddeutschen, auf den Bezug genommen wird, findet sich hier. Der scharfe Ton des titanic-Autors ist nachvollziehbar, da Roßbach nur am Ende erwähnt, was den Alltag der ständigen Drohung ausmacht, mit Sanktionen überzogen werden zu können – und zwar wegen Kleinigkeiten.
Wenn Roßbach schreibt:
„Natürlich ließe sich mehr Teilhabe erkaufen mit höheren Hartz-IV-Sätzen. Gerecht aber wäre auch das nicht. Weder gegenüber denen, die in der Grundsicherung feststecken, noch gegenüber denen, die gerade so noch ohne sie zurechtkommen. Ziel staatlicher Fürsorge sollte eigentlich sein, sich überflüssig zu machen. Besser als Hartz IV ist nicht mehr Hartz IV, sondern kein Hartz IV mehr zu brauchen. Die Welt der Regelbedarfe sollte für niemanden ein Zuhause werden, in dem er dann vergessen werden kann.“
„Die Welt der Regelbedarfe sollte für niemanden ein Zuhause werden“… weiterlesen
Ralf Stegner – Vorkämpfer für ein Bedingungsloses Grundeinkommen?
Erstaunliche Äußerungen sind von Ralf Stegner (SPD) via Twitter zu vernehmen:
Es muss Unterschied geben zwischen denen, die nicht erwerbstätig sein können und denen, die das nicht wollen. Für alle muss Existenzminimum gewährleistet sein.
Konzept des solidarischen Grundeinkommens mit Mindestlohn+Sozialversicherungspflicht lässt sich für erstere kombinieren. https://t.co/OB3x7zT1xK— Ralf Stegner MdB (@Ralf_Stegner) March 26, 2018
Das klingt noch verhalten (siehe auch hier), aber dann:
Können wir gerne tun. Solidarisches Grundeinkommen ist ist allerdings etwas anderes als sogenanntes bedingungsloses Grundeinkommen- setzt nämlich weiterhin auf gute Arbeit.
Existenzminimum muß allerdings bedingungslos und sanktionsfrei gewährleistet werden! https://t.co/KwADwVgUBU— Ralf Stegner MdB (@Ralf_Stegner) March 26, 2018
Wenn wir ihn beim Wort nehmen, müsste nun eigentlich daraus die Befürwortung eines Bedingungslosen Grundeinkommens folgen, oder? Warten wir es ab.
Sascha Liebermann