„Schluß mit Hartz IV“? – Von wegen

Was hat der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, im Interview mit der Berliner Morgenpost denn gesagt, dass es einen solch radikalen Titel zulassen würde? Geht es mit dem „solidarischen Grundeinkommen“ tatsächlich darum, das Sanktionssystem im Arbeitslosengeld II hinter sich zu lassen?

Schauen wir uns das an:

„Herr Müller, Sie haben ein solidarisches Grundeinkommen als neues sozial- und arbeitsmarktpolitisches Instrument vorgeschlagen. Ist das System von Hartz IV gescheitert, das ja immerhin von Ihrer Partei ersonnen und über viele Jahre gegen Kritik verteidigt wurde?
Michael Müller: Man muss zur Kenntnis nehmen, dass jenseits der Erfolge der Agenda-Reformen es auch 15 Jahre danach keine gesellschaftliche Akzeptanz für Hartz IV gibt. Die brauchen wir aber in Zeiten des Umbruchs. Deswegen ist es angesichts der Digitalisierung und der sich damit rasant verändernden Arbeitswelt Zeit, Schluss zu machen mit dem bisherigen System und es zu ergänzen durch ein neues Recht auf Arbeit.“

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„Hartz IV lohnt sich oft mehr als Arbeit“…

….so Dietrich Creutzburg in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als schnelle Antwort auf die Armutsdebatte, die jüngst die Äußerungen von Jens Spahn ausgelöst hatten. Es dauerte nicht lange, da musste die FAZ allerdings ihren Beitrag, der sich auf eine Berechung des Bundes der Steuerzahler bezieht, korrigieren, da im Beispiel einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern Kindergeld und etwaige Wohngeldansprüche nicht berücksichtigt wurden. Entscheidend war offenbar für die Zeitung allerdings der Tenor, es lohne sich für Leistungsbezieher, vor allem für Familien mit Kindern kaum, erwerbstätig zu sein.

Wieder einmal ist es nötig, auf die Untersuchungen zu dem vermeintlich so gesicherten Armutsfallentheorem hinzuweisen, das hinter der Schlussfolgerung des FAZ-Autors steht. Siehe dazu:

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Keine Spur von Aufbruch…

…so klingt zumindest, wie die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey im Tagesspiegel zitiert wird:

„Es geht darum, dass eigentlich der Abstand zu denjenigen, die arbeiten, größer sein müsste. Das heißt nicht, dass man die Sätze senken soll. Aber man sollte schauen, wie können diejenigen, die arbeiten, besser verdienen.“

Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass das sogenannte Lohnabstandsgebot, hinter dem das Armutsfallentheorem steht, eine empirielose Annahme ist, die sich als Vorurteil unbeirrt hält. Siehe dazu nachstehende Studien:

Zur Kritik des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer und Hanna Petschauer)
Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-Reform (Georg Vobruba und Sonja Fehr)
Fordern statt Fördern? – Nein! Wege aus Arbeitslosigkeit und Armut erleichtern (Ronald Gebauer)
Arbeit gegen Armut. Grundlagen, historische Genese und empirische Überprüfung des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer)

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„Man kann davon überleben“…

…wer nun meint, dieser Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wolle Jens Spahn und anderen zur Seite springen, die leichtfertig darüber reden, was das Arbeitslosengeld II zu leisten vermag, lese genau und übertrage, wovon Sandra S. berichtet, auf seine eigene Haushaltssituation. Eine bittere Einsicht darein, welchen Sozialstaat wir uns angesichts des Wohlstandes leisten. Deutlich wird auch, um wieviel besser Sandra S. dastünde, wenn es ein BGE als Leistung pro Person gäbe, denn sie hat einen Sohn.

Siehe auch meinen Kommentar zur Armutsdiskussion im Anschluss an die Äußerungen Jens Spahns.

Sascha Liebermann

DLF Streitkultur Bedingungsloses Grundeinkommen – Marcel Fratzscher und Sascha Liebermann

Hier nun die offizielle Ankündigung der Sendung am Samstag, den 17. März, 17:05 Uhr:

„Geld vom Staat für alle: Brauchen wir ein bedingungsloses Grundeinkommen?
Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, und Sascha Liebermann, Soziologieprofessor an der Alanus Hochschule, im Gespräch
Am Mikrofon: Birgid Becker“. Hier geht es zur Sendungsseite

Von den einen, die für die anderen bezahlen… oder: zur unscharfen Bestimmung von Armut

Jens Spahn hat für Aufregung (siehe auch hier) gesorgt mit seinen Äußerungen über Hartz IV. Sie finden sich in einem Interview mit der Berliner Morgenpost. Thilo Sarrazin hatte vor Jahren schon einmal einen Hartz IV-Speiseplan vorgestellt. Und die SPD war über die Jahre mit vergleichbaren Äußerungen zu vernehmen, wie Spahn sie getätigt hat.

Was hatte Spahn nun genau gesagt? Die Passage beginnt mit einer Äußerung, die sich auf die Essener Tafel bezieht, die in den vergangenen Wochen heftig kritisiert wurde:

BM: „… die sich entschieden hat, vorerst nur noch Menschen mit deutschem Pass aufzu­nehmen.
Spahn: „Ich tue mich schwer, von Berlin aus ­besser zu wissen, was in der konkreten Situation vor Ort die richtige Entscheidung ist. Für die Essener Tafel engagieren sich Bürger, die Mitmenschen helfen ­wollen. Und die dann feststellen: Junge Männer treten derart dreist und robust auf, dass Ältere oder Alleinerziehende keine Chance mehr haben, auch etwas von den Lebensmitteln abzubekommen. Dass dann Maßnahmen ergriffen werden, finde ich richtig.“

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