„Die Altersarmut kommt“ – und immer dieselben Empfehlungen…

…um dieser Entwicklung zu begegnen, das ist der Fall in Alexander Hagelükens Beitrag in der Süddeutschen Zeitung (siehe auch den Kommentar dazu auf den Nachdenkseiten). Als Gegenmaßnahme wird zu Beginn der Vorschlag einer Grundrente zitiert, der allerdings nur Personen mit 35 Beitragsjahren zustehen soll, also nur wenige erreicht. Die anderen hätten das nachsehen. Hagelüken kommt auch auf „verdeckte Armut“ zu sprechen, in der auch das Phänomen nicht in Anspruch genommener Leistungen zum Ausdruck kommt, weil Betroffene der Stigmatisierung ausweichen. Und dann? Zum Schluss dann die üblichen Empfehlungen:

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„Arsch hoch, Deutschland“…

…eine Dokumentation von Anne Thiele. Aus der Beschreibung:

„Die „Rabiat“-Reportage „Arsch hoch, Deutschland!“ zeigt ein Sittengemälde der Abgehängten und Unzufriedenen in Zeiten der Vollbeschäftigung. Egal, ob in Ost oder West, sieht das Bild ähnlich aus: Die Armut nimmt zu, trotz sinkender Arbeitslosigkeit. Wer arm ist, ergibt sich, in manchen Familien über Generationen hinweg. Warum eigentlich, fragt „Rabiat“-Autorin Anne Thiele sich, die Protagonisten und die Zuschauer.“

„Michael Tubbs on universal basic income: ‚The issue with poverty is a lack of cash'“…

…so Michael Tubbs, Bürgermeister von Stockton (Kalifornien, USA), in einem Interview mit The Guardian.

Auch in Newark, New Jersey, gibt es Überlegungen für ein solches Programm, wenngleich in beiden Fällen die Reichweite gering ist. Wenn es um Armut geht, müssen grundsätzlich zwei Formen unterschieden werden: 1) der bloße Mangel an Einkommen aus Mangel an Erwerbsgelegenheiten oder aufgrund anderer Prioritäten (z. B. bei Alleinerziehenden); 2) Armut aufgrund lebensgeschichtlicher Traumatisierungen und ihrer Folgen – an ihnen würde zwar auch ein BGE nichts ändern, es würde allerdings die Stigmatisierung aufheben, die mit heutigen Existenzsicherungsleistungen einhergeht. Der Einzelne würde in seiner besonderen Lage anerkannt, ohne als nicht erwerbsfähig betrachtet zu werden.

Siehe auch hier und hier.

Sascha Liebermann

„Es geht darum, dass möglichst viele aus der Grundsicherung herauskommen“…

…ein Interview mit Kerstin Tack, Sprecherin für Arbeit und Soziales der SPD-Bundestagsfraktion, auf Telepolis.

Drei Passagen zeigen, wohin die Reise sozialpolitisch gehen soll:

„Kerstin Tack: Eins ist doch klar: All diese Kinder leben in Armut, weil ihre Eltern arm sind. Deshalb kommen wir nicht darum herum, uns der Situation im Ganzen zu stellen. Einzelne Maßnahmen sind hilfreich, lösen aber nicht das Grundproblem. Es geht darum, dass möglichst viele aus der Grundsicherung herauskommen.“

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„Arm trotz Arbeit – Warum viele Frauen so wenig verdienen“…

…eine Dokumentation in der WDR-Reihe „Menschen hautnah“, die deutlich macht, was sich jenseits der Statistik (siehe hier und hier) abspielt, wenn das einzelne Leben in den Blick genommen wird. Alle porträtierten Frauen versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen und dennoch kommen sie kaum über die Runden. Aufällig ist, dass auch die Mütter in dieser Dokumentation der Erwerbstätigkeit einen hohen Wert beimessen, obwohl sie zugleich erfahren, was das für das Familienleben bedeutet. Was würden sie tun, wenn es ein Bedingungsloses Grundeinkommen gäbe und die anderen Seiten des Lebens ernster genommen würden?

Beharrlichkeit von Mythen und ein vereinfachender Blick auf Armut…

…das konnte wieder gut in der jüngsten Ausgabe von Maischberger beobachtet werden, wenn die üblichen Vedächtigen, muss man fast sagen, sich ein Stelldichein geben und keine Expertise bemüht wird, um dazu einmal differenziertere Aussagen zu erhalten. Es war gerade der jüngste Gast in der Sendung, Jeremias Thiel, der einen Einblick gab in das Leben einer Familie, in der beide Eltern krank sind und die Höhe von Sozialleistungen weder Hindernis noch Hilfe dafür ist, sich diesen Erkrankungen stellen zu können. Manches davon scheint im Kommentar von Hand Hütt in der Frankfurter Allgemeine Zeitung auf, wird aber auch nicht vertieft.

Der Wirtschaftsredakteur der FAZ, Rainer Hank, konnte sich wieder über einen Auftritt freuen, um seine üblichen Invektiven gegen den Sozialstaat loszulassen und an die Eigenverantwortung zu appellieren. Dabei könnte eine treffende Kritik am Paternalismus des deutschen Sozialstaats sehr wohl die Richtung weisen, um ihn fortzuentwickeln zu einem, der Autonomie und Initiative tatsächlich unterstützt, statt durch Beaufsichtigung und Kontrolle zu behindern. Hank wandte sich hier zurecht gegen die Vorstellung der Börsen-Expertin Anja Kohl, der Staat hätten Herrn Thiel helfen, ihn aus der Familie nehmen müssen. Sie weiß vermutlich nicht, dass der Auftag des Jugendamtes gesetzlich definiert ist (Achtes Buch Sozialgesetzbuch) und die Entscheidung, ein Kind aus einer Familie zu nehmen, keine so einfache Angelegenheit ist. Dann läge es ja nahe, sich dazu nicht zu äußern. Das scheint schwer zu sein, selbst für eine erfahrene Journalistin. Doch Hank meint mit Paternalismus die angeblich passivierenden Folgen von Sozialleistungen, wenn sie denn zu hoch ausfallen. Ein Blick in die dynamische Armutsforschung würde hier weiterhelfen, um mit Mythen aufzuräumen (siehe z. B. hier und auch hier: Verweildauer im Leistungsbezug). Aber daran scheint er kein Interesse zu haben.

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„Jeder Fünfte in EU von Armut bedroht“…

…schreibt die Tagesschau mit Bezug auf eine Erhebung von Eurostat. Demzufolge ist die Lage in Deutschland auch nicht so hervorragend, wie sie immer wieder gefeiert wird, jüngst von Carsten Schneider (MdB, SPD). Zur Berichterstattung über Eurostat passt die Veröffentlichung der Nationalen Armutskonferenz.

„Versuchslabor Armut“…

…eine Dokumentation (hier in der Mediathek von 3SAT) über Armut und Feldexperimente, die Einsichten in deren Gründe liefern sollen. Diese Doku gibt Einblick darein, wie solche Feldexperimente in Anlehnung an Kontrollstudien aus der medizinischen Forschung durchgeführt werden. Auf der Basis standardisiert erhobener und ausgewerteter Daten, darauf wird von Stefan Silvestrini hingewiesen, kann allerdings nur festgestellt werden, welche Unterschiede zwischen Kontrollgruppen bestehen. Woher sie rühren, ist so nicht herauszufinden, es bedarf dazu sogenannter qualitativer Verfahren, die dann erst verstehen lassen, welche kulturellen Deutungsmuster hinter dem Handeln der Menschen zu erkennen sind. Damit wird zugleich deutlich, dass Befunde nicht einfach auf andere Länder übertragen werden können, siehe dazu auch Interviews mit der Ethnologin Sabine Klocke-Daffa über das Grundeinkommensprojekt in Namibia.

Sascha Liebermann